Wie die Terror-Anschläge die Luftfahrt veränderten
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Pilot Thomas Steffen über 9/11:Wie die Terror-Anschläge die Luftfahrt veränderten

Fliegen nach dem 9/11-Terror
«Der Pilotenberuf ist einsamer geworden»

Keine andere Branche veränderte sich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 so stark wie die Luftfahrt. Thomas Steffen sass zum Zeitpunkt des Anschlags im Cockpit. Was für Piloten und Passagiere seit 9/11 anders geworden ist.
Publiziert: 10.09.2021 um 11:49 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2021 um 07:32 Uhr
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Thomas Steffen erlebte die Veränderung der Flugbranche am eigenen Leib. Damals noch als 26-jähriger Pilot bei Swissair.
Foto: Privatarchiv Thomas Steffen
Darija Knezevic

Pilot ist ein Bubentraum. Blinkende Knöpfe, schicke Uniform und eine unschlagbare Aussicht. Kinder hatten früher bei ruhigen Flügen sogar die Möglichkeit, die Besatzung im Cockpit zu besuchen. Heute ist das unvorstellbar. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York veränderte sich die Branche grundlegend.

Piloten arbeiten nun hinter verriegelten und schusssicheren Türen. Besucher sind im Cockpit verboten. «Das ist sehr schade. Mit dem Besuch konnte man einigen Passagieren die Flugangst nehmen und Kinderträume wahr werden lassen», sagt Thomas Steffen (46), Mediensprecher des Pilotenverbands Aeropers und Pilot bei der Swiss. Der Schock über die 9/11-Anschläge und die daraus entstandene Gewissheit sitzen weiterhin tief: Entführungen von Passagierflugzeugen können tödlich enden.

«Der Pilotenberuf ist einsamer»

Zum Zeitpunkt der Attacken auf das World Trade Center war Steffen in der Luft. Der Pilot erinnert sich noch gut daran: «Die erschütternde Nachricht haben wir erst nach der Landung erhalten. Im Cockpit selbst wurden wir nur gefragt, ob bei unserem Flug von Bukarest nach Zürich alles normal sei.»

Angst hatte der Pilot beim ersten Flug nach den Anschlägen nicht, doch er schaute die Passagiere genauer an. Der Beruf des Piloten habe sich stark verändert: «Der Kontakt mit den Passagieren leidet sehr. Man ist distanzierter, und dadurch ist der Beruf einsamer geworden», so Steffen.

Wenn das Passagierflugzeug zur Waffe wird

Aviatik-Experte Hansjörg Egger (69) sah schon vor den Anschlägen Risiken. Flugzeug-Entführungen habe es immer wieder gegeben. «Was bei diesem Fall neu war: Ein Passagierflugzeug mutierte zur Waffe», meint Egger. Einer der Gründe für solche Anschläge sei der schlechte Austausch der Geheimdienste. Doch das funktioniere noch heute nicht. «Das zeigen die jüngsten Ereignisse in Afghanistan», meint der Experte.

Ebenfalls neu seit 9/11: «In Passagierflugzeugen, die als gefährlich eingestuft werden, sitzen bewaffnete Flugbegleiter in Zivil», sagt Egger zu Blick. Die Einheit nennt sich Tigers. Es sind mit Waffen ausgestattete Spezialisten, die für Ausnahmesituationen geschult sind.

Airlines sind in die Krise geschlittert

Die unmittelbaren Auswirkungen nach den Anschlägen waren für den Flugverkehr einschneidend. Neben geschlossenen Cockpit-Türen führten Flughäfen auch Flüssigkeitsbeschränkungen und strenge Passagierkontrollen ein. Airlines haben sich allerdings gegen die schärferen, aber passagierunfreundlichen Kontrollen gewehrt. Auch Pilot Steffen spürte die finanzielle Notlage seines damaligen Arbeitgebers, der Swissair. Er und 150 weitere Piloten wurden kurz nach dem Anschlag entlassen.

Doch sind verriegelte Cockpit-Türen die Lösung aller Probleme? Co-Pilot Andreas Lubitz steuerte im Jahr 2015 vorsätzlich eine Maschine von Germanwings in den Abgrund. Zum Zeitpunkt des Absturzes sass der Pilot allein im Cockpit und riss 150 Menschen aus dem Leben. Das Drama hätte man verhindern können, wäre der Zutritt zum Cockpit möglich gewesen.

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