Das Ganze erinnert an den Skandal um die Bündner Fleischfirma Carna Grischa, der die Schweiz 2014 erschüttert hat. Das Unternehmen aus Landquart GR hatte damals in grossem Stil ausländisches Fleisch als Schweizer Fleisch ausgegeben. Und entsprechend abkassiert. Bei einfachen Beizen und Schulkantinen. Aber auch bei Nobelrestaurants in Zürich.
Offenbar haben einige Metzger nur wenig daraus gelernt. Anders kann man sich den Prozess vor dem Bezirksgericht Weinfelden TG nicht erklären. Die Beschuldigten – ein Vater und sein Sohn – haben zwischen Ende Mai 2018 und Ende April 2019 mindestens 95 Tonnen Fleisch aus dem Ausland importiert und zusammen mit Schweizer Fleisch als solches deklariert, wie das Obergericht in einer Mitteilung schrieb. Und in ihren Metzgereien verkauft. Vor einem Plakat mit dem Slogan «Wir verkaufen nur Schweizer Fleisch».
Die Begründung der beiden für ihr Tun: Zwischen Mai 2018 und April 2019 sei Schweizer Kalbs- und Rindfleisch knapp gewesen. Deshalb habe man einfach bestellt, was verfügbar war. Das war Fleisch aus Österreich, Frankreich, den Niederlanden und Uruguay – und damit definitiv nicht «Suisse Garantie».
Kein gewerbsmässiger Betrug
Das ist dreist. Denn: Mit dem Label «Suisse Garantie» deklarierte Wurstwaren der Metzgerei mit Filialen in den Kantonen Zürich und Thurgau müssten als Hauptzutat eigentlich zu 100 Prozent aus Schweizer Fleisch bestehen.
Die Beschuldigten wurden zuvor durch das Bezirksgericht Weinfelden wegen des gewerbsmässigen reglementswidrigen Gebrauchs einer Garantie- oder Kollektivmarke verurteilt. Sie erhielten bedingte Freiheitsstrafen von 11 und 13 Monaten sowie bedingte Geldstrafen und Bussen auferlegt.
Die Staatsanwaltschaft habe jedoch auch die Verurteilung wegen gewerbsmässigen Betrugs gefordert und das Urteil an das Obergericht weitergezogen. Das Obergericht bestätigte nun den Schuldspruch wegen des gewerbsmässigen reglementswidrigen Gebrauchs einer Garantie- oder Kollektivmarke. Auf eine Verurteilung wegen Betrugs verzichtet das Obergericht jedoch ebenfalls.
Gleichwertiges Fleisch verarbeitet
Es habe nicht festgestellt werden können, «dass die Produkte objektiv einen tieferen Wert hatten als korrekt gekennzeichnete Waren». Für die Kunden sei kein Vermögensschaden entstanden, da die Angeklagten gleichwertiges Fleisch verarbeiteten, argumentierte das Obergericht laut der Mitteilung.
Es sei davon auszugehen, dass die Kundschaft die Produkte zum gleichen Preis und im gleichen Umfang gekauft hätte, hätten die Angeklagten die Produkte korrekt und somit ohne «Suisse Garantie»-Label zum Verkauf angeboten.
Die Beschuldigten haben sich während des Berufungsverfahrens mit der Inhaberin der Garantiemarke auf die Zahlung einer fünfstelligen Summe geeinigt und diese habe kein Interesse mehr an einer Bestrafung der Beschuldigten. Aufgrund dieser Wiedergutmachung und weil «kein gewichtiges öffentliches Interesse an einer Bestrafung bestehe» verzichte das Obergericht auf das Aussprechen von Strafen.
Die Beschuldigten müssen die Verfahrenskosten tragen. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. (pbe/SDA)