Über ihre Vision des Filmfestivals von Locarno TI möchte Maja Hoffmann (67) noch nicht sprechen. Längere Interviews will die designierte Präsidentin des weltweit beachteten Leinwand-Events erst nach ihrer offiziellen Wahl am 20. September geben.
Und doch machte sie bereits eine Ansage: Auf die Frage einer RTS-Journalistin, ob das Filmfestival durch sie als neue Präsidentin mehr Geld erhielte, sagte Hoffmann: «Nein. Das Festival ist sehr gesund.»
Maja Hoffmann hat Film studiert, ist Kunstsammlerin und Kulturförderin. Bekannt ist sie vor allem als Erbin des milliardenschweren Roche-Imperiums. Ihr Urgrossvater war Fritz Hoffmann, der 1896 den Vorläufer von Roche gegründet hatte, ihr Bruder ist Roche-Vizepräsident André Hoffmann (65).
Kulturell aktives Unternehmen
Das jährliche Locarno-Budget von 17 Millionen Franken könnte Maja Hoffmann aus der Portokasse zahlen. Bloomberg schätzt ihr Vermögen auf über sechs Milliarden US-Dollar; im Weltranking der 500 Reichsten steht sie auf Platz 424.
Der Roche-Konzern betont gegenüber SonntagsBlick, die Aktivitäten des Konzerns und der Familie seien klar getrennt. Weder einst noch heute gebe es ein Sponsoring des Filmfestivals von Locarno.
Zwar ist das Unternehmen durchaus kulturell aktiv. Das Basler Tinguely-Museum trägt im Logo den Werbespruch «Ein Kulturengagement von Roche». Auch für das Musikfestival in Luzern engagiert sich der Konzern.
Könnten in Locarno künftig Zürcher Verhältnisse herrschen? Da gab es enge Verbindungen zwischen dem Zurich Film Festival (ZFF), dem Hauptsponsor Credit Suisse, ZFF-Gründerin Nadja Schildknecht (49) und ihrem Partner, dem damaligen CS-Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner (63). Ein Roche-Sprecher teilt mit, er wolle über das künftige kulturelle Engagement von Roche nicht spekulieren.
Der Präsident ist begeistert
Der scheidende Festival-Präsident Marco Solari (78) zeigt sich von seiner Nachfolgerin begeistert. «Maja Hoffmann ist ein Glücksfall für Locarno. Sie ist eine Weltbürgerin und die richtige Frau für den Paradigmenwechsel, der nun ansteht», sagt Solari zu SonntagsBlick. Um das Filmfestival in die Zukunft zu führen, müsse man auch nicht im Tessin wohnen – Hoffmann lebt in Zürich und Arles (F).
Solari: «Es gibt Vizepräsidenten, die vor Ort sind. Es gibt einen starken Tessiner Managing Director und man kann auch über Videokonferenzen in Locarno präsent sein.» Auch dass Hoffmann kein Italienisch spreche, stört den Tessiner nicht: «Es spielt keine Rolle, in welcher Sprache Maja Hoffmann denkt, spricht, schreibt oder träumt. Wichtig ist, dass sie sich weltweit für Locarno einsetzt.»
Der Basler Soziologe Ueli Mäder (72), der die Basler Seilschaften untersucht und das Buch «Geld und Macht in der Schweiz» verfasst hat, sieht Hoffmanns Nominierung kritisch. Kulturelles Engagement dürfe nicht zum Alibi werden. Die Hoffmann-Familie habe als Mehrheitseignerin des Pharmariesen Roche eine enorme Macht.
Mäder: «Was das Jonglieren mit Aktienpaketen betrifft, zeigt sich, wie autokratisch solche Unternehmen funktionieren. Da bräuchte es dringlich mehr Markt und vor allem demokratische Mitbestimmung.»