Am Regal hängen zwei Schweizer Fähnchen. Der Preis ist günstig: 3.68 Franken. Auf den ersten Blick sieht das «Rauchmöckli» der Marke Alpina, das in einer Lausanner Filiale von Aldi Suisse verkauft wird, sehr schweizerisch aus. Nur: Die Sache hat einen Haken. Denn bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass auf der Rückseite der Verpackung ein Aufkleber mit der Aufschrift «Elaboré en Suisse avec de viande de DE/CH» angebracht ist. Mit anderen Worten: Das Produkt wird aus deutschem und schweizerischem Rindfleisch hergestellt.
Ist dies auch in anderen Geschäften des Discounters der Fall? Warum wird ein Lebensmittel, das zum Teil aus einem Nachbarland stammt, mit einem weissen Kreuz gekennzeichnet? Werden die Kunden dadurch nicht in die Irre geführt? Ist das legal? Blick Romandie hat dem Discounter diese Fragen gestellt.
Etiketten werden bald ersetzt
Die Pressestelle von Aldi Suisse schreibt in ihrer E-Mail vom 2. Juni: «Aufgrund eines Fehlers hat sich die Schweizer Flagge auf das Preisetikett des falschen Produkts verirrt. Beim Trockenfleisch ‹Rauchmöckli› sollte tatsächlich keine Schweizer Fahne vorhanden sein». Es wird betont, dass die Fahne «zu Recht» nicht auf der Verpackung abgebildet sei.
Das Unternehmen entschuldigt sich für «dieses Missverständnis». Und: «Wir haben die Informationen in unserem System bereits angepasst und werden die Preisschilder in den betroffenen Filialen so schnell wie möglich ersetzen», sagt Aldi. Wie viele Filialen sind betroffen? «Der Artikel gehört zu unserem Standardsortiment. Daher ist ein Grossteil unserer Filialen betroffen», heisst es von Aldi.
Ein komplexes Gesetz
Die Verwendung des Bundeswappens und von Symbolen wie Wilhelm Tell, dem Matterhorn oder Helvetia für Werbezwecke wird durch das Bundesgesetz über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben geregelt. Die Kriterien sind genau. Aber es gibt Ausnahmen.
Wie sieht es mit geräuchertem Fleisch aus? In diesem Fall «darf die Schweizer Flagge verwendet werden, wenn mindestens 80 Prozent des Gewichts der Rohstoffe, aus denen es besteht, aus der Schweiz stammen und wenn die Verarbeitung, die ihm seine wesentlichen Eigenschaften verleiht – hier das Räuchern – in der Schweiz stattgefunden hat», erklärt Nicolas Guyot vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE).
Vermeidung von Täuschungen
Der Zweck: Täuschung soll vermieden werden. Bloss: Auf den Fotos ist die Schweizer Flagge gut sichtbar. «Sie ist auffällig und wird verwendet, um darauf hinzuweisen, dass es sich um ein Schweizer Produkt handelt», sagt der stellvertretende Leiter des Rechtsdienstes für gewerbliches Eigentum. Er kommt zum Schluss: «Folglich müssen die beiden oben genannten Kriterien für dieses Fleisch kumulativ erfüllt sein.»
Konkret heisst das: «Wenn in einer Packung mehr als 20 Prozent des Gewichts des Fleisches aus Deutschland stammt, ist die Verwendung der Schweizer Flagge illegal», fasst Nicolas Guyot zusammen. Damit ist die Frage eigentlich geklärt. Oder fast: Denn Aldi gibt auf Anfrage von Blick nicht an, wie viel deutsches Fleisch in diesen Wurstwaren enthalten sind.
In einer früheren Version dieses Artikels haben wir im Lead zu wenig deutlich gemacht, dass die Schweizer Fähnchen nur am Regal und nicht auf dem Produkt selber abgebildet waren. Zudem haben wir geschrieben, dass es sich beim Verhalten von Aldi um ein «Muster» handle. Das ist nicht korrekt. Laut Aldi Schweiz war ein menschlicher Fehler Ursache für die irreführende Beschilderung.