Beim Schweizer Online-Shop Microspot gibt es Produktbewertungen, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Am 12. September hat Nestlé sein Kaffeekapsel-System Neo mit zugehörigen Kaffeemaschinen lanciert. Diese stellt Delonghi als Nestlé-Partner für den Schweizer Markt her. Diese Maschinen seien erstmals am 12. September erhältlich, so versichert Nestlé auf explizite Nachfrage.
Umso seltsamer ist es, dass beim Online-Händler Microspot schon zwei Kommentare zu lesen sind, die der schwarzen Version der Maschine (es gibt sie auch in Weiss) fünf Sterne vergeben. Am 23. August schreibt Andreas S. unter dem Titel «Super Kaffee aus kompostierbaren Kapseln» Folgendes: «Die Maschine macht super Kaffee und Milchgetränke. Die Milch hat einen perfekten Schaum und das Getränk sieht aus wie im Restaurant mit schönen Schichten.😃»
Der von Yehonatan R. in englischer Sprache verfasste Kommentar datiert gar schon vom 7. August: «Easy and very good. Very good cappuccino and super easy to handle. I'm happy with this machine :)»
Auf die Bewertungen aufmerksam gemacht, schreibt die Pressestelle von Microspot: «Interne Abklärungen haben ergeben, dass es sich hiermit um einen Fehler handelt. Wir werden uns noch genau anschauen, wieso die Bewertungen erfasst werden konnten respektive, ob es sich um eine falsche Zuordnung handelt. Wir nehmen so schnell wie möglich eine Korrektur vor.»
50 Top-Bewertungen für 400 Franken
Nutzerbewertungen sind für viele Konsumentinnen und Konsumenten eine wichtige Orientierungshilfe. Daher floriert das Geschäft mit gefälschten Bewertungen und Kommentaren, denn die Konsumenten sind immer mehr davon abhängig. Auf vielen Internet-Plattformen werden Produkte meist nach Preis oder eben nach dem Kriterium der Bewertung sortiert.
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Deswegen verwundert es nicht, dass Unternehmen oft selber Bewertungen schreiben oder schreiben lassen. Es gibt Dienstleister, die sich genau darauf spezialisiert haben. Schon in einer Recherche aus dem Jahr 2021 fand das Team von «Kassensturz» (SRF) Tausende verdächtige Profile. Diese verwendeten falsche Profilfotos von Fotoagenturen, und sie alle bewerteten jeweils zur gleichen Zeit Produkte und Dienstleistungen an ganz unterschiedlichen Orten auf Google Maps.
Im Jahr 2021 fand der «Kassensturz» eine Agentur, die 50 Top-Bewertungen für 400 Franken verkaufte. Mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz wird dieser Preis heute nur noch ein Bruchteil betragen.
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Natürlich versuchen sich die Shops zu schützen, etwa, indem sie selber mittels Algorithmen analysieren, ob eine Bewertung echt sein kann oder nicht. Alleine der Reise- und Hotelanbieter Tripadvisor hat im Jahr 2022 mehr als 1,3 Millionen falsche Bewertungen von der Website genommen. Rund 70 Prozent wurden entdeckt, bevor sie auf der Website live geschaltet worden waren.
30 bis 40 Prozent sind gefälscht
Gemäss einem professionellen Fake-Bewerter, der sich gegenüber dem britischen «Guardian» äusserte, sind Kommentare, die länger als drei Absätze sind, meistens echt. Dies, weil ein Fake-Schreiber sich nicht mehr Mühe mache, als unbedingt nötig. Allerdings könnte sich das mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz natürlich ändern.
Die Justiz ist also gefordert. Im Jahr 2018 ist erstmals ein Mann in Italien für den Verkauf von Fake-Bewertungen verurteilt worden: Neun Monate Gefängnis und 8000 Euro Busse, lautete das Urteil, wie das Magazin «Beobachter» berichtete. Das Urteil wurde vom Reise-Bewertungsportal Tripadvisor als Erfolg gefeiert.
Aber die Justiz hält nicht Schritt mit den Fälschungen. Verschiedene Studien schätzen, dass 30 bis 40 Prozent der Online-Bewertungen gefälscht sein dürften. Bei der schwarzen Delonghi-Maschine im Online-Shop Microspot scheinen es sogar 100 Prozent zu sein.