Eine Smartwatch für 16 Franken, Lenovo-Kopfhörer für 11 Franken und Sneakers für 12 Franken. Das sind nur einige der Angebote des Onlineshops Temu. Neben Elektronik und Schuhen gibt es auch Klamotten, Beauty-Produkte und Einrichtungsgegenstände – also praktisch alles. Auf der Startseite steht in grossen Buchstaben geschrieben: bis zu 90 Prozent Rabatt. Optisch erinnert Temu an Onlineshops wie Wish und Aliexpress.
Die Temu-Pakete in den knallorangen Plastiksäcken haben auf Social Media bereits Wiedererkennungswert erlangt. Dabei gehen die Meinungen zum Shop weit auseinander: Während einige von den günstigen Angeboten schwärmen, beschweren sich andere über die mangelnde Qualität.
Auf der Website von Temu sind die Preise in Schweizer Franken angegeben. Dabei stammt die Ware aber direkt aus China, wo sie günstig produziert wird. «Kunden sollten sich bewusst sein, dass die Hersteller der Produkte nicht dieselben Qualitätsstandards erfüllen, wie wir sie gewohnt sind», sagt E-Commerce-Expertin Alexandra Scherrer (31), Geschäftsführerin bei Caparthia. Wie auch Wish verzichtet Temu auf Zwischenhändler, wodurch die Ware günstiger angeboten werden kann.
Gemäss Scherrer sollte man den Produktfotos und -informationen nicht immer glauben. Bei den Lenovo-Kopfhöhrern für 11 Franken handelt es sich wohl kaum um ein Original. «So sind Produktfälschungen, Qualitätsmängel, Nicht-Erfüllung europäischer Normen (z.B. fehlendes CE-Zeichen) an der Tagesordnung», sagt Scherrer. Es könne zudem sein, dass bei der Lieferung noch zusätzliche Zollgebühren entstehen.
Dabei müssen aber nicht alle Produkte schlecht sein: Einige könnten durchaus gut sein, aber häufig liessen Verarbeitung und Material zu wünschen übrig. «Die Kundenbewertungen auf der Plattform können bei der Auswahl der Produkte und Anbieter helfen», sagt Scherrer gegenüber Blick.
90 Tage Rückgabefrist!
Um die Kundschaft trotz mangelnder Qualität auf die Website zu locken, hat sich Temu gleich mehrere Aktionen überlegt. Lädt man die App herunter, werden einem gleich zahlreiche Vorteile aufgetischt. Wer sich mit der E-Mail-Adresse registriert, erhält exklusive Angebote wie Gutscheine. Der Versand ist gratis, Waren können ganze 90 Tage zurückgeschickt werden.
Mit einem Link können zudem Freunde eingeladen werden. Dafür wird man auch belohnt: Nutzerinnen und Nutzer erhalten entweder Gratisgeschenke oder sogar Bargeld. In der Schweiz scheint es die Funktion aber noch nicht zu geben. Im Ausland können mit einfachen Handy-Games gar Gratisprodukte oder Guthaben freigeschaltet werden.
Jetzt stellt sich die Frage, wie erfolgreich dieses Geschäftsmodell ist. Schliesslich steckt Wish bereits seit einiger Zeit in der Krise. Der Umsatz ist 2021 stark eingebrochen. Wish hat darauf etliche Stellen gestrichen und sich aus zahlreichen Ländern zurückgezogen.
«Ich denke aber schon, dass es eine Nachfrage und einen Markt für Produkte gibt, wie Wish oder Temu sie anbieten», meint Scherrer. «Der Wettbewerb in diesem Markt hat sich mit dem Aufkommen von Temu und auch der Weiterentwicklung von Shein definitiv erhöht.»