Im Bett liegen und ein Foto von sich im Anzug oder Kostüm fotografieren lassen ist möglich – dank KI. Wer in den letzten Monaten in den sozialen Medien unterwegs war, kam am «Yearbook-Trend» nicht vorbei. Die KI-generierten Fotos zeigen die jeweiligen Personen im perfekten 90er-Jahre-Look – frisch von der Highschool. Die sogenannte PhotoApp hat aber noch eine weitere Funktion: Bewerbungsfotos. In gleicher Manier zaubert sie den perfekten Headshot.
Die Handhabung ist einfach: Zuerst wählst du den Stil aus – in diesem Fall «Business» – dann lädst du dein Foto hoch. Im nächsten Schritt verfeinerst du die Angaben, gibst dein Geschlecht und die Hautfarbe an. Dann wählst du das Modell aus, an dem sich die KI für dein Bild orientieren soll. Im nächsten Schritt geht es schon los – die KI spuckt eine Reihe von Fotos aus, die du nun für deinen Lebenslauf verwenden kannst. Einziger Nachteil: Die PhotoApp kostet gut 5 Franken pro Woche.
Aber ist es legal, sich mit einem solchen Foto zu bewerben? «Solange die Rechte anderer nicht verletzt werden, steht es einer Person frei, welches Foto sie für ein Bewerbungsdossier verwenden will», sagt Ioannis Martinis (43) von der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ). Der Studienleiter der CAS Legal Tech und Rechtsschutz Management ergänzt: «Das kann also auch ein KI-generiertes Bild sein.»
Schweizer Startup erobert den Bereich
PhotoApp ist eine von sechs Apps des Anbieters Scaleup. Das Software-Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Ankara (TR). Laut Daten des App-Analysten Sensor Tower wird der Umsatz von Scaleup auf gut 2 Millionen Dollar geschätzt – allein im letzten Monat. Davon sind geschätzt 400'000 Dollar über die Photoapp geflossen.
Ein offenbar lukratives Geschäft, auf das sich auch ein Schweizer Start-up fokussiert hat. Hinter der KI-Plattform Realfake stecken drei ETH-Köpfe. Die Machine-Learning-Studenten Alexander Eichhorn (25), Jan-Oliver Seidenfuss (24) und Gregor Žunič (25) gründeten das Start-up im Jahr 2023 – seitdem generierte Realfake rund drei Millionen Bilder für über 20'000 Kunden.
Die Handhabung ist etwas anders: Anstelle eines Fotos füttert man ihrer KI zehn bis 15 Fotos. Die KI modelliert diese dann in die gewünschte Umgebung ein. «Wir haben zwei verschiedene Stilrichtungen: Professionell und Casual», sagt Alexander Eichhorn. Der Preis beginnt bei rund 15 Franken für 120 Fotos in einem Stil. «Von unseren Kunden kaufen ungefähr die Hälfte nur die professionelle Stilrichtung, 20 Prozent nur Casual und 30 Prozent beide.»
Auf der Karriereplattform Linkedin sind die Meinungen zu Realfake gespalten. Manche bejubeln das Start-up, weil sie nun nicht mehr in einem Fotostudio sitzen müssen, was Zeit und Geld kostet. Andere finden, sie hätten lieber gar kein Bild im Lebenslauf als ein KI-Bild.
Faktor: Realität
Die Präsidentin des Personalwesen-Verbands HR Swiss, Jessica Silberman Dunant, sieht keinen Mehrwert in von Grund auf mit KI erstellten Bewerbungsfotos. Schon seit längerem wird mit Photoshop bei Bildern nachgeholfen. Für sie ist der Faktor Realität das Ausschlaggebende: «Wenn das Bild nicht der Realität entspricht, kommt das beim HR eher schlecht an.»
Sie verweist auch darauf, dass eine wahrheitsgetreue Wiedergabe beim Lebenslauf wie auch beim Bild essenziell sei. «Es ist auch immer besser, die Person, die rekrutiert, nicht im Glauben zu lassen, dies wäre ein echtes Foto», meint Silberman Dunant. Für sie müssten KI-generierte Bilder klar als solche im Lebenslauf ausgewiesen werden.
Die PhotoApp und auch Realfake haben keinen entsprechenden Hinweis auf ihren Seiten. Eichhorn meint: «Wir haben noch kein negatives Feedback von Kunden oder Firmen erhalten, weil ein KI-generiertes Bewerbungsbild verwendet wurde.»
«Ein KI-Bild zu verwenden, ist legal, aber nicht unbedingt clever», sagt der HWZ-Studiengangsleiter Ioannis Martinis. Grundsätzlich rät er dazu, in Bewerbungsunterlagen und auch auf Karriereplattformen wie Linkedin, ein professionelles Foto zu verwenden. Vor allem eines, das «die digitale und analoge Präsenz einigermassen realitätsnah in Einklang bringt.»
«Ein KI-Bild zu verwenden, ist legal, aber nicht unbedingt clever», sagt der HWZ-Studiengangsleiter Ioannis Martinis. Grundsätzlich rät er dazu, in Bewerbungsunterlagen und auch auf Karriereplattformen wie Linkedin, ein professionelles Foto zu verwenden. Vor allem eines, das «die digitale und analoge Präsenz einigermassen realitätsnah in Einklang bringt.»