Ex-Mafiajägerin aus New York
Sie ist der Schreck der Schweizer Rohstoffhändler

Mehrere hier angesiedelte Rohstoff-Konzerne mussten in den USA hohe Geldstrafen wegen Korruption bezahlen. Bei einer Person laufen alle Fälle zusammen: bei Nicole Argentieri. Das öffentliche Gesicht der US-Justiz räumte früher im New Yorker Untergrund auf.
Publiziert: 05.04.2024 um 20:18 Uhr
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Vor Nicole Argentieri vom US-Justizministerium zittern aktuell die internationalen Rohstoff- und Öl-Konzerne.
Foto: Getty Images
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

Nicole Argentieri weiss, wie man sich abfeiert. In einer kürzlich veröffentlichten Medienmitteilung des US-Justizministeriums breitet die stellvertretende Generalstaatsanwältin ihre jüngsten Erfolge genüsslich aus: Sie hat mehrere internationale Rohstoffhändler zu Geldstrafen von total über 1,7 Milliarden Dollar verdonnert. Die betroffenen Handelsunternehmen sind geständig, Bestechungsgelder gezahlt zu haben. Mit dem Schmiergeld sicherten sie sich Geschäfte mit staatlichen Ölgesellschaften in Lateinamerika und Afrika. 

Zu den involvierten Firmen gehören der Zuger Rohstoffkonzern Glencore sowie die zwei Genfer Ölhändler Vitol und Gunvor. Und letzte Woche kam auch noch das Rohstoffhandelsunternehmen Trafigura dazu. Dieses sitzt zwar in Singapur, lässt aber wichtige Teile seines Geschäfts über Genf abwickeln. Trafigura bekannte sich schuldig, brasilianische Regierungsbeamte bestochen zu haben. Die Strafe: 127 Millionen Dollar.

Dieser Feldzug der USA gegen die Korruption im Rohstoffhandel läuft bei einer Person zusammen: Nicole Argentieri. Sie ist bei Kriminalfällen das öffentliche Gesicht des US-Justizministeriums und agiert dabei als vorderste Speerspitze – mit einem Heer aus gut 1400 Bundesanwälten und Mitarbeitenden des US-Justizministeriums im Rücken. Die besonders wichtigen Kriminalfälle sind Chefinnensache. Dieses Standing hat sich der Schreck der Schweizer Rohstoffbranche hart erarbeitet.

Unerschrockene Mafiajägerin aus New York

Die Tochter italienischer Einwanderer aus dem New Yorker Stadtteil Staten Island gilt als unerschrocken und unbeugsam. Ihr Arbeitsethos hat sie von ihrer Familie. Der Vater war Lehrer, die Mutter Krankenschwester. Als Kind half sie im Süssigkeiten-Laden ihres Grossvaters mit. Zur Persönlichkeit der promovierten Anwältin mit Abschluss der renommierten Columbia-Universität gehört auch ein starker Sinn für Gerechtigkeit: Wer gegen das Gesetz verstösst, muss bestraft werden, so ihr Credo – unabhängig vom Aufwand und den Gefahren.

Ihre harte Linie, mit der Argentieri nun gegen die Konzerne des Rohstoffhandels vorgeht, haben schon ganz andere Kaliber zu spüren bekommen. Früher, als Staatsanwältin in Brooklyn, machte sich Argentieri einen Namen als Mafiajägerin. Sie legte sich mit der berüchtigten Verbrecherbande La Cosa Nostra an, brachte zahlreiche Mafiosi und deren Helfer ins Gefängnis. Das Schlussplädoyer gegen einen Mafiaboss hielt sie, als sie bereits schwanger war. Der Angeklagte musste 30 Jahre in den Knast. «Sie verfügt über eine eiserne Faust, die in einem Samthandschuh steckt», beschrieb ein früherer Arbeitskollege den Arbeitsstil Argentieris gegenüber Bloomberg.

Während ihrer Karriere musste Argentieri auch lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Eine der grössten Niederlagen: der Freispruch für Vincent Asaro 2015. Der Capo des Bonanno-Clans sollte für den Lufthansa-Raub von 1978, der im Film «Goodfellas» auftaucht, hinter Gitter. Doch das Gericht befand ihn für unschuldig. Die Niederlage schwemmte Argentieri in einer Bar zusammen mit einer Freundin weg, bewies anschliessend aber ihre Hartnäckigkeit. Zwei Jahre später brachte sie Asaro wegen eines anderen Verbrechens doch noch ins Gefängnis.

Grösste Kryptobörse der Welt hart bestraft

Letztes Jahr brachte Argentieri auch den früheren Binance-CEO Changpeng Zhao zu Fall. Der nun Ex-Chef der weltgrössten Kryptowährungsbörse bekannte sich im November 2023 wegen Verstosses gegen die Anti-Geldwäschegesetze schuldig. Zhao zahlte eine Strafe von 50 Millionen Dollar und musste seinen Posten räumen. Und Binance einigte sich mit Argentieri auf die Rekordgeldstrafe in der Krypto-Branche von 4,3 Milliarden Dollar.

«Unsere Botschaft ist ganz einfach: Wer Zugang zum US-Finanzsystem haben will, muss wirklich nach unseren Regeln spielen», sagte Argentieri damals an einem Pressetermin. Ihre Aussage zielte auf die wenig reglementierte Krypto-Welt ab, dürfte aber auch Warnung für die Schweizer Rohstoffriesen ein.

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