Foto: Aline Leutwiler

Ex-Journalistin Astrid von Stockar hat den Zahnpasta-Hersteller Swissdent saniert
Diese Frau putzt die Krise weg

Die frühere SRF-Journalistin Astrid von Stockar hat eine eigene Zahnpastafirma. Aus dem illiquiden Schweizer Swissdent machte sie innerhalb eines Jahres eine profitable Firma. Wie sie das schaffte und welches ihre Ratschläge an Unternehmerinnen sind.
Publiziert: 18.02.2021 um 07:13 Uhr
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Astrid von Stockar ist Chefin von Swissdent.
Foto: Aline Leutwiler
Aline Leutwiler

Erst hatte sie Zweifel, ob sie das packen würde. «Ich musste mich stark überwinden, diesen Schritt zu wagen.» Doch dann habe sie beschlossen, anfangs wie ein Mann so zu tun, wie wenn sie alles beherrschte, erzählt Astrid von Stockar (51) mit einem Augenzwinkern. «Ich habe die alten Schulbücher hervorgeholt und mich an die Arbeit gemacht.» Ganz nach dem Motto: Learning by doing – Lernen durch unmittelbares Anwenden.

Heute lacht die Halbschwedin darüber. Ursprünglich studierte von Stockar Wirtschaft, doch ihre Freude zum Theater zog sie zum Schweizer Fernsehen SRF. Dort arbeitete sie zwanzig Jahre lang als Filmproduzentin, Regisseurin und Moderatorin. Auch für den SonntagsBlick fuhr sie mit dem Format Zukunftsfahrt im Auto mit Prominenten herum.

Plötzlich ging alles sehr schnell

Vor gut vier Jahren beteiligte sie sich an Swissdent. Die Schweizer Firma stellt Zahnpflegeprodukte her, unter anderem Zahnpasta und Zahnbürsten. Hierzulande beliefert sie vor allem Apotheken. Praktisch über Nacht wurde von Stockar zur Chefin von fünf Angestellten und einem Unternehmen mit inzwischen knapp zweistelligem Millionenumsatz.

Von Stockar kannte den Gründer von Swissdent schon länger. Als dieser sie bat, als Übergangs-Chefin einzusteigen, fackelte von Stockar nicht lange. «Als der CEO über Nacht gehen musste, habe ich alles übernommen», sagt von Stockar, als sie BLICK in ihrem Büro am Schaffhauserplatz mitten in Zürich empfängt.

Ihr gehört nun die Firma

Die Wände sind in Weiss gehalten, durchbrochen von roter Farbe. Würden sich auf ihrem Pult nicht Berge von Papier-Mäppchen türmen, würde man sich in einer sterilen Arztpraxis wähnen. Swissness widerspiegelt sich auch in den zahlreichen Werbeprodukten, so auch ehemaliges Aushängeschild und Nati-Goalie Yann Sommer (32), der auf mehreren Plakaten mit weissen Zähnen von der Wand strahlt.

Auch von Stockar strahlt heute. Das ist nicht selbstverständlich, wenn man ein Geschäft in der Corona-Krise vorantreiben muss. Und das einem ausgerechnet seit einem Jahr auch noch vollkommen gehört.

Pandemie gut überstanden

Zu Beginn seien die Produkte zwar gut gewesen, die Firma allerdings völlig illiquid. Was vor allem an verzögerten Zahlungen der Kunden und Währungsschwankungen lag. Von Stockar handelte Verträge neu aus und liess die Abnehmer in Schweizer Franken vorauszahlen. Nach einem Jahr gab es endlich wieder einen kleinen Gewinn. «Aus solchen Erfolgserlebnissen holte ich wiederum die Kraft, unangenehme Situationen zu lösen und zu verhandeln», erklärt von Stockar.

Durchbeissen musste sie sich auch nach Ausbruch der Corona-Pandemie. «Noch bevor bei uns alles richtig begann, hatte ich irgendwie das Bauchgefühl, handeln zu müssen. Ich besuchte unsere Distributoren weltweit und liess die Schweizer Produzenten die Rohstoffe für ein ganzes Jahr einkaufen», sagt von Stockar.

Mitten in der Verhandlung in den Lockdown

Die Pandemie holte sie schlussendlich doch ein. Von Stockar rasselte in Prag während einer Verhandlung in den ersten Lockdown. Um Mitternacht ging alles zu. «Es hat sich wie eine Evakuierung angefühlt», so von Stockar. Doch es lohnte sich, die Rohstoffe vorher einzukaufen. Swissdent hatte keine Lieferprobleme, expandierte nach Indien und schloss 2020 mit 20 Prozent mehr Umsatz ab als im Jahr davor. Von Stockar: «Ohne Pandemie hätten wir noch mehr schaffen können.»

Ihr Ratschlag: «Statt sich der Angst hinzugeben, ist es wichtig, nach vorne zu blicken.» Das gelte auch für die Geschlechterfrage, womit sich von Stockar als Unternehmerin deutlich stärker konfrontiert sieht. «Doch statt immer auf Frauenrechten zu pochen, ist es entscheidender, diese selbstverständlich zu leben. Das gebe ich auch meinem Sohn und meiner Tochter mit.» Wenn von Stockar stolz über ihre Kinder spricht, strahlt sie. Genauso wie Yann Sommer auf dem Plakat im Hintergrund.

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