Schluss mit den Spekulationen. Die Credit Suisse bestätigte am Montag nach einer neuerlichen Untersuchung der Überwachungsaffäre: Neben Ex-CS-Topbanker Iqbal Khan (44) ist auch Peter Goerke (58) im Auftrag der Grossbank im Februar von einer Drittfirma beschattet worden. Die Bespitzelung des damaligen Personalchefs machte die «NZZ» in der vergangenen Woche publik.
Die Grossbank macht nun ihre ehemalige Nummer 2, Pierre-Olivier Bouée (48), zum Buhmann (BLICK berichtete). «Die Untersuchung kam zum Schluss, dass Pierre-Olivier Bouée, ehemaliges Mitglied der Konzernleitung, den Auftrag erteilt hatte, Peter Goerke beschatten zu lassen», bestätigt die CS. Die verantwortlichen Personen hätten bei der Frage nach weiteren Beschattungen nicht wahrheitsgetreu Auskunft gegeben und «die Beschattung Peter Goerkes verschwiegen».
Gemäss dem Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Homburger, der von der CS lediglich in einer Mini-Zusammenfassung publiziert wurde, hat Bouée bereits beim Fall Khan nicht wahrheitsgemäss ausgesagt.
Fristlose Kündigung
Der CS-Verwaltungsrat hat Bouée nun fristlos gekündigt. Damit erhält er auch keinen Bonus in der Höhe von vier Millionen Franken.
Branchenkenner wie Hans Geiger (76) trauen den Beteuerungen der Grossbank nicht. «Es ist absurd. Bouée wurde bereits geschlachtet, jetzt schlachtet man das Bauernopfer abermals», sagt der emeritierte Bankenprofessor, der einst für die CS gearbeitet hat, zu BLICK. Damals hiess die Bank noch SKA.
Dass wie die CS behauptet, Grossbank-Boss Tidjane Thiam (57) und Präsident Urs Rohner (60) keine Kenntnis von der Goerke-Beschattung hatten, bevor darüber in den Medien geschrieben wurde, nimmt er der Bank nicht ab.
Experte Geiger: «Image der Bank ist dahin»
Geiger: «Wir sehen hier eine weitere Alibiübung der Credit Suisse. Präsident Urs Rohner hat wohl den Anwälten von Homburger diktiert, was wer wollte. Nämlich: dass Thiam nichts wusste. Thiam soll bleiben. Das ist die Message.»
Der neuerliche Beschattungsfall lässt den CS-Chef und den Grossbank-Präsidenten in keinem guten Licht dastehen. Geiger: «Das Image der Bank ist dahin. Thiam und Rohner glaubt niemand mehr.»
Die Bespitzelung Khans ist nun nicht mehr jener «isolierte Einzelfall», von dem Thiam und Rohner immer wieder gesprochen haben. Die Bank hat ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem. Offenbar ist es möglich, Angestellte, die zum innersten Marktzirkel der Bank gehören, zu überwachen, ohne dass die Chefs die leiseste Ahnung davon haben.
CS-Chef bleiben in ihrem Amt
Thiam und Rohner bleiben im Amt. Doch es bestehen grössere Zweifel, ob das Gespann die Zügel noch fest in der Hand hält. Die Bank betont zwar, dass kein kulturelles Problem innerhalb der Bank bestehe. Genau dies beteuerten Thiam und Rohner auch nach dem Fall Khan. Es kam anders.
Ausgestanden ist die Affäre noch nicht: Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Finanzmarktaufsicht Finma einen unabhängigen Prüfbeauftragten bei der Credit Suisse einsetzt.
Ex-Bankenprofessor Geiger appelliert an den CS-Präsidenten. «Rohner hat versagt, er musste nun hinstehen und Tidjane Thiam in die Wüste schicken.» Weder der CS-Boss noch der Präsident wollten am Montag mit BLICK sprechen.