«Es kommt eine Welle auf die IV zu»
Rekordhohe Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankung

Burnout, posttraumatische Störung, Fatigue- oder Post-Covid-Syndrom: Psychische Erkrankungen nehmen deutlich zu. Betroffen sind dabei überdurchschnittlich oft junge Menschen.
Publiziert: 04.12.2022 um 11:39 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2023 um 15:45 Uhr
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Die Fälle von Arbeitsunfähigkeit infolge psychischer Erkrankungen haben dieses Jahr um 20 Prozent zugenommen.
Foto: imago images / Westend61

Die langanhaltende Krisensituation der Covid-19-Pandemie hat bei vielen Menschen das mentale Gleichgewicht beeinträchtigt. Dafür gibt es nun auch zahlenmässige Belege.

So haben in der Schweizer Wirtschaft die Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen ein Rekordhoch erreicht. Laut Fachleuten beträgt die Zunahme im Vergleich zum Vorjahr 20 Prozent. Das sagte Andreas Heimer (58) von der Versicherungsgesellschaft PK Rück der «NZZ am Sonntag».

Die Auswertung basiert auf Daten von rund 250'000 Angestellten aus 6000 Unternehmen. Heimer führt den Anstieg aber nicht allein auf die Covid-Pandemie zurück. Die Zunahme widerspiegle einen «strukturellen Trend».

Diverse neue Krankheitsbilder

Heimer warnt zudem vor einer neuen Welle von Rentnern in der Invalidenversicherung (IV). Bereits im letzten Jahr nahm die Zahl der Neurentner in der IV um 16 Prozent zu. Jeder zweite Fall ist dabei psychisch bedingt. Auf dem Vormarsch seien diverse neue Krankheitsbilder wie posttraumatische Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen, Fatigue-Syndrom oder Post-Covid-Syndrom.

Für diese gebe es oft keine klare therapeutische Entscheidung und somit viel Interpretationsspielraum. Eine der Konsequenzen: Jede zweite Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen führe laut Studien zur Kündigung. Manche kehren gar nie ins Arbeitsleben zurück.

Viele Junge betroffen

Besonders beunruhigend: Das Phänomen trifft viele junge Menschen. In der Altersgruppe 18 bis 24 leiden sieben von zehn IV-Rentnern unter einer psychischen Erkrankung. Das ist viermal so hoch wie vor 25 Jahren.

Wird jemand arbeitsunfähig, bezahlt zunächst die Taggeldversicherung den Lohnausfall. Die Krankenkasse Swica ist grösster Anbieter von Taggeldversicherungen – und bestätigt den Trend. Demnach sind dort die Fallzahlen im Bereich psychiatrische Erkrankungen in diesem Jahr um 15 Prozent gestiegen.

Diese Entwicklung belastet die IV und die Taggeldversicherer. Für Heimer gibt es aktuell noch zu wenige gute Möglichkeiten, um Menschen mit psychischen Problemen im Arbeitsleben zu halten. (SDA/rae)

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