Der Traum vom Fliegen ist für den Menschen schon vor 120 Jahren in Erfüllung gegangen. 1903 hebt das erste Flugzeug vom Boden ab und fliegt für eine kurze Zeit mehrere hundert Meter weit. Dieser Moment wiederholt sich am Dienstag zum zweiten Mal. Das erste E-Flugzeug hebt ab. Die sogenannte Alice ist das erste Flugzeug, das mit einer Elektrobatterie betrieben wird.
Das israelische Unternehmen Eviation Aircraft startete die Alice am Dienstagmorgen erfolgreich vom Grant County International Airport in Washington. Das Flugzeug soll laut Hersteller völlig emissionsfrei fliegen. Die Alice flog beim Eröffnungsflug acht Minuten und das in einer Höhe von 3500 Fuss (1067 m). Mit diesem Flugzeug könne die Luftfahrer revolutioniert werden.
«Wir haben Geschichte geschrieben», sagt Gregory Davis, Präsident und CEO von Eviation, gegenüber CNN. «Seit dem Übergang vom Kolbenmotor zum Turbinenmotor hat sich die Antriebstechnologie für Flugzeuge nicht mehr verändert. Das letzte Mal, dass eine völlig neue Technologie auf den Markt kam, war in den 1950er Jahren», sagt Davis weiter.
Nicht nur die klimaneutralen Aspekte machen das Flugzeug zu einem Durchbruch. «Das Flugzeug macht das Reisen viel bequemer, da es weniger Irritationen gibt, wie bei einem Flugzeug mit Motor», erklärt Davis. Dazu komme, dass das Flugzeug leiser ist. Und das Fliegen werde günstiger.
480 km/h langsamer als eine Boeing 737
Die Batterietechnologie, die in der «Alice» verwendet wird, ist vergleichbar mit der eines Elektroautos oder eines Handys. Mit einer Ladezeit von 30 Minuten kann das Flugzeug mit neun Passagieren etwa eine Stunde lang fliegen. Dabei legt es 440 Nautische Meilen zurück. Das entspricht 815 km. Das Flugzeug hat eine maximale Reisegeschwindigkeit von 250 Knoten (463 km/h).
Zum Vergleich: Eine Boeing 737 hat eine maximale Reisegeschwindigkeit von 946 Kilometer pro Stunde. Das Flugzeug wird von zwei 850 PS starken Magni650-Elektromotoren angetrieben, die von Magnix entwickelt wurden. Die gesamte Energie für das Flugzeug wird in einer 900-kWh-Batterie gespeichert.
Drei verschiedene Versionen der Alice befinden sich in der Prototyp-Phase: eine «Pendler»-Variante, eine Executive-Version und eine spezielle Frachtversion. Die Pendler-Version bietet Platz für neun Passagiere und zwei Piloten sowie für 385,5 Kilo Fracht. Die Executive-Ausführung hat sechs Passagiersitze für einen bequemeren Flug.
Auslieferung im Jahr 2027
Eviation wurde 2015 gegründet und treibt seither die Entwicklung von «Alice» voran. Das Unternehmen konnte am Dienstag während des Testflugs viele Informationen sammeln. Diese werden geprüft und kleine Fehler behoben. Jetzt besteht die Hoffnung, dass man das Flugzeug im Jahr 2027 an Kunden ausliefern könne. Eviation warnt jedoch, dass sich dieser Plan noch ändern kann.
«Wir haben mit den Datenerfassungssystemen, mehrere Terabytes an Daten generiert. Wir werden uns also ein paar Wochen Zeit nehmen, um zu sehen, wie das Flugzeug im Vergleich zu unseren Modellen und unserer Analyse abschneidet», sagte Davis. «Erst wenn alle Daten ausgewertet sind, können wir eine realistische Prognose für die Zukunft wagen.»
Das Unternehmen geht davon aus, dass es bis 2025 an der Entwicklung eines FAA-zertifizierten Flugzeugs arbeiten wird, gefolgt von ein oder zwei Jahren Testphase. Erst dann könne das Flugzeug an Kunden ausgeliefert werden.
Probleme verzögern Auslieferung
Die Reise von Produktion der Alice bis zum Testflug verlief nicht ohne Probleme. Ursprünglich sollte die Alice im Jahr 2021 in Betrieb genommen werden. Eviation hatte mit einem Wechsel in der Geschäftsführung und einer Reihe von Wetterproblemen zu kämpfen. Diese Faktoren behinderten den Fortschritt der Tests, sodass die Starttermine immer weiter nach hinten verschoben wurden und sich um Jahre verzögerten.
Die Fluggesellschaft CapeAir erwartete, bis 2023 eine Flotte von Eviation in Betrieb zu nehmen, die die Routen über Boston und Cape Cod bedient. Doch die Auslieferung der Flugzeuge hat sich verzögert. DHL und das in Miami ansässige Charterflugunternehmen GlobalX haben ebenfalls Interesse. Beide Unternehmen kündigten bereits an, Flugzeuge kaufen zu wollen.