Mit einer Uniform und einer unschlagbaren Aussicht rund um die Welt jetten: Der Beruf des Piloten ist für viele noch immer ein Traumjob. Früher durften Kinder und andere interessierte Passagiere während des Flugs noch einen Blick ins Cockpit werfen. Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf die USA haben sich die Sicherheitsbedingungen an Bord drastisch verändert. Die Tür zum Cockpit bleibt zu, den Piloten sieht man nur noch beim Ein- und Aussteigen.
Ein Schweizer will das wieder ändern und die Menschen zumindest virtuell hinter den Steuerknüppel lassen. Der Pilot des Ferienfliegers Edelweiss erobert gerade das Social-Media-Videoportal Tiktok. Sein Account «Der Linienpilot» beschreibt ihn wie folgt: Mike (35), Schweizer und «Linienpilot aus Leidenschaft». Der Haken: Das Profil hätte es in dieser Form eigentlich gar nicht geben dürfen.
Klatschen nach Landung? «Etwas Schönes»
Seit Sommer ist Mike auf Tiktok aktiv, hat innert kürzester Zeit mehr als 12'000 Follower aufgebaut. Er nimmt seine Fans mit auf den Landeanflug auf Zürich, zeigt Pristina (Kosovo), Santorini (Griechenland) oder den Nil in Afrika von oben. Besonders beliebt sind seine etwas längeren Videos, in denen er technische Details erklärt oder Fragen aus der Community beantwortet. Zum Beispiel, ob es Piloten mögen, wenn die Passagiere nach einer gelungenen Landung klatschen. «Ich höre das im Cockpit eines A340 gar nicht, aber ich finde es etwas Schönes», sagte Mike Ende August in seiner sympathischen Art und Weise.
Doch es sollte vorläufig eines seiner letzten Videos gewesen sein. Wenige Tage später taucht der Tiktok-Pilot unter, lässt sein Profil verwaist und seine Fans ratlos zurück. Erst Ende Oktober, zwei Monate später, veröffentlicht Mike wieder einen Clip. Die Community reagiert erleichtert. «Endlich hast du wieder Videos. Liebe dich» oder «Endlich bist du wieder da, hab dich schon vermisst», lauten nur zwei der vielen besorgten Kommentare.
Wurde der Tiktok-Pilot bestraft?
Warum brach der Kontakt zum Tiktok-Piloten von Edelweiss plötzlich ab? Blick weiss: Mike hat gegen die internen Kommunikationsrichtlinien verstossen. Sein Auftritt war nicht mit seinem Arbeitgeber abgesprochen. «Es ist kein Edelweiss-Profil, es handelt sich um ein privates Profil unseres Mitarbeiters», bestätigt Edelweiss-Sprecher Andreas Meier. Er stellt klar: «Es handelt sich um eine interne Angelegenheit, und wir werden dazu im Detail öffentlich nicht Stellung nehmen.»
Immerhin: Bestraft wurde Mike nicht. «Wir haben zusammen einen Kaffee getrunken und sind beide mit einem tollen Gefühl aus dem Gespräch gegangen. Keine Konsequenzen», lässt Meier ausrichten. Die Fans des neuen Tiktok-Stars wirds freuen. Seit seinem Comeback postet Mike wieder fleissig – jetzt auch mit (inoffizieller) Erlaubnis seines Arbeitgebers.