Seit dem 1. Januar ist Ricarda Demarmels (43) Chefin des grössten Schweizer Milchverarbeitungsunternehmens Emmi aus Luzern. An ihrer ersten Medienkonferenz kann si e überzeugende Zahlen präsentieren: Erstmals wird die Marke von vier Milliarden Franken Umsatz gesprengt. 50 Jugendliche treten eine Lehre an – auch das gabs noch nie.
Das ist natürlich noch nicht ihr eigener Erfolg. Man traut ihr bei Emmi aber Grosses zu: Der abtretende Verwaltungsratspräsident Konrad Graber (64) sagt, Demarmels haben «einen ausgezeichneten Start hingelegt». Als Erfolgsfaktoren von Emmi nennt er die «Köpfe» im Unternehmen, die «Macher», und schliesst auch Demarmels mit warmen Worten mit ein.
Nahbar und freundlich
Vor der Medienkonferenz zeigt sich Demarmels nahbar und freundlich. Plaudert übers Skifahren, steht für ein Foto hin, ganz entspannt. Die «Kultur des Miteinanders», die bei Emmi so gepflegt werde, bekommen sogar die Journalisten zu spüren.
Von Blick gefragt, ob sie in ihrer Rolle als Frau im CEO-Amt eines grossen Schweizer Unternehmens noch auf Widerstände oder gläserne Decken trifft, antwortet sie nach etwas Überlegenszeit: «Wenn man mit dem Herzen dabei ist, sind keine Grenzen gesetzt.» Und fügt dann an, dass die Unternehmenskultur bei Emmi «vorbildlich» sei. «Das spürt man vom Umgang miteinander bis hin zur Zusammensetzung unserer Teams und Gremien.»
Emmi hat sie in ihrer Karriere unterstützt. Sie hatte sich sowohl auf den CFO- als auch auf den CEO-Posten jeweils schwanger beworben. Und beide Male den Zuschlag erhalten.
Die eigene Handschrift?
Die fachlichen Kenntnisse der HSG-Absolventin aus Andeer GR sind unbestritten. Sie war vor der Ernennung zum CEO drei Jahre lang CFO und Geschäftsleitungsmitglied bei Emmi, und davor in leitender Funktion bei diversen Lebensmittel-, Beteiligungs- und Strategieberatungsunternehmen tätig.
Selber stellt sie ihre eigene Anstellung als «im Sinne der Kontinuität» vor. Sie lobt die «erfolgreiche Strategie» von Emmi und spricht von einem Privileg, ein Unternehmen mit 10'000 Angestellten in 14 Ländern führen zu dürfen.
Durch die Zahlen führt sie zügig und kompetent, in der Fragerunde übernimmt sie stets das Wort. Demarmels wirkt entschlossen und fachkundig. Madame Milch, wie sie genannt wird, ist gewiss keine Schaumschlägerin.
Klartext liefert sie in Bezug auf mögliche Preiserhöhungen angesichts des anhaltenden Kostendrucks: «Wir haben die Spitze in den Beschaffungskosten noch nicht erreicht. Entsprechend sind weitere Preiserhöhungen notwendig.»
Macherin oder Verwalterin?
Allerdings ist auch eine gewisse Vorsicht zu spüren: Auf eventuelle Preissenkungen im zweiten Halbjahr 2023 angesprochen, sagt sie knapp «dazu möchte ich mich nicht äussern». Kurz zuvor sagt sie, man werde sich von den Kostenzunahmen bei Logistik und Energie «nicht beirren» lassen und habe «aus 2022 die Lehren gezogen».
Letztlich wird sich weisen, ob Demarmels wirklich eine «Macherin» ist oder lediglich eine sehr gute Verwalterin. Der Schatten ihres langjährigen Vorgängers Urs Riedener (57), der zur nächsten GV hin das Amt von Konrad Graber an der Konzernspitze übernehmen wird, ist jedenfalls lang.