Elementarschaden
Es bebt bei den Versicherungen

Was in Deutschland das Hochwasser, ist in der Schweiz das Erdbeben: ungenügend versichert.
Publiziert: 31.07.2021 um 19:36 Uhr
Claude Chatelain ist Publizist und Wirtschaftsjournalist.
Foto: Thomas Meier
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

In Deutschland sind Unwetterschäden in der Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung nicht automatisch versichert. Wer Schäden durch Hochwasser, Überschwemmungen oder starkem Regen versichern will, muss zusätzlich eine Elementarschadenversicherung abschliessen.

Laut der «Süddeutschen Zeitung» besitzen weniger als die Hälfte der Betroffenen der jüngsten Flut eine Elementarschadenversicherung. Den anderen hilft der Staat.

Hausbesitzer in Nordrhein-Westfalen, die vorsorgten und eine Versicherung abschlossen, kommen sich nun blöd vor, wenn sie sehen, dass ihnen der Staat beziehungsweise der Steuerzahler so oder so geholfen hätte.

Genau das könnte auch in der Schweiz passieren; nicht bei einem Hochwasser, aber bei Erdbeben. Deren Schäden sind in der Elementarschadenversicherung nicht gedeckt, obschon es sich dabei um ein Naturereignis handelt.

Mehr und mehr Hausbesitzer schliessen daher eine Erdbebenversicherung ab. Die andern, die auf diesen Schutz verzichten, sagen sich, ein Erdbeben der Stärke wie jenem von 1356 in Basel würde derart hohe Schäden verursachen, dass der Staat so oder so aufkommen müsste. Laut Schätzungen wären es 100 Milliarden Franken. Too big to fail, könnte man sagen.

Das war jedenfalls das Argument des Schweizerischen Hauseigentümerverbands, weshalb er sich gegen die Einführung einer obligatorischen Erdbebenversicherung stellte. Eine solche hätte nämlich der Bundesrat laut dem Willen des Bundesparlaments einführen sollen.

2011, also vor genau zehn Jahren, erteilten beide Kammern dem Bundesrat mit einer Motion den Auftrag, eine schweizweit gültige Erdbebenversicherung mit einheitlichen Prämien einzuführen.

Neben dem Hauseigentümerverband wollten auch gewisse Kantone nichts von einer solidarischen Lösung wissen. «Solange unter den Kantonen keine Einigkeit besteht, ist der föderale Weg ausgeschlossen», erklärte der Bundesrat vor fünf Jahren. Der Bund verfüge nicht über die Kompetenz, eine obligatorische Erdbebenversicherung zu verordnen. Die Tätigkeit der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalten falle in die Kompetenz der Kantone.

Gar nichts ist aber nicht passiert. Mitte Juni haben Kantone, Privatversicherungen und kantonale Gebäudeversicherungen die SOE Schadenorganisation gegründet. Sie soll bei der Bewältigung von Erdbeben zum Einsatz kommen, wenn es darum geht, die Kantone bei der Beurteilung der beschädigten Gebäude und bei der Abschätzung der Kosten für den Wiederaufbau zu unterstützen.

Und dann gibt es noch den Spezialfall Zürich. Im bevölkerungsreichsten Kanton sind Gebäude bei Erdbeben zum Neuwert versichert. Im Schadenfall vergütet die Gebäudeversicherung Kanton Zürich die Wiederherstellungskosten inklusive Notmassnahmen, Abbruch-, Aufräum- und Entsorgungskosten.

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