Einblicke ins Leben des Reisepioniers Hans Imholz (88)
Wie ein Bäckerssohn das Reisen revolutionierte

Hans Imholz (88) war «online», lange bevor es das Internet gab. Seit 1961 verkaufte der Reisepionier Ferien übers Telefon – und ermöglichte so vielen Schweizern die erste Reise ins Ausland. Das Erfolgsrezept ist in einer Biografie nachzulesen.
Publiziert: 20.04.2021 um 01:25 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2021 um 16:03 Uhr
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Thomas Renggli: Hans Imholz – Der Reisepionier. Mit einem Vorwort von Michael Ringier. 320 Seiten. Erscheint am 22. April im Werd & Weber Verlag.
Christian Kolbe

Es war der Anfang vom Ende: «Reisepionier Hans Imholz fliegt in Jelmolis Arme», titelte Blick am 20. Juni 1989. Nach 28 Jahren verkauft Hans Imholz (88) sein Lebenswerk, holt finanziell das Maximum für sich heraus, wie ein Weggefährte vermutet – auch wenn Imholz selbst bis heute eisern über den Verkaufserlös schweigt.

Auf 120 bis 180 Millionen Franken wird der Preis geschätzt. Im Jahr vor dem Verkauf erzielte Imholz mit über 200 Mitarbeitenden einen Jahresumsatz von 193 Millionen Franken.

Mit diesem Verkauf überraschte er viele, wie einer Biografie über den Reisepionier zu entnehmen ist, die dieser Tage erscheint. Imholz war überzeugt, mit dem Verkauf die Zukunft des Reiseunternehmens langfristig gesichert zu haben. Zumal er glaubte, als Verwaltungsratspräsident und Direktor weiter die Fäden in der Hand halten zu können.

Name verschwindet 2006

Ein Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte, erinnert sich die ehemalige Swissair-Kommunikationschefin Beatrice Tschanz (76): «Hans war noch immer der Chef, aber die Firma gehörte nun jemand anderem. Dies schränkte seinen Handlungsspielraum natürlich erheblich ein. Ich glaube, er wurde sich dessen aber erst bewusst, als er sich das erste Mal vor dem Jelmoli-Verwaltungsrat rechtfertigen musste.»

Die Imholz-Gruppe wechselte mehrfach den Besitzer, ging schliesslich im Tui-Konzern auf. Der Name verschwindet im Jahr 2006 endgültig: «Die Namensänderung und die Streichung der Marke Imholz waren Riesenfehler», urteilt Imholz. «Heute sehnen sich die Menschen nach verlässlichen Schweizer Werten – und dafür stand der Name Imholz.»

Auch Tschanz stand eine Weile auf Imholz, als junge Journalistin. «Ich habe mich Hals über Kopf in Hans verliebt», gesteht sie heute. Allerdings ohne Chance. Doch noch heute ist Tschanz mit Hans und Doris Imholz (73) befreundet, die seit 1979 verheiratet sind. Seine Frau ist ein wichtiger Faktor für den langfristigen Erfolg des Reiseunternehmers.

Verleger Michael Ringier über seinen Freund Hans Imholz

Die Liebe zur klassischen Musik und eine Reise nach Österreich haben den Verleger Michael Ringier (72) und den Reisepionier Hans Imholz zusammengeführt. Daraus ist eine enge Freundschaft entstanden. Im Vorwort zur Biografie über Imholz schreibt Ringier: «Wenn man Hans einmal kennengelernt hat, versteht man auch seinen Erfolg. Seine Leistung war aufsehenerregend. Ich nenne sie bewusst nicht ‹visionär› – denn ich kenne niemanden, der von Beginn weg eine Vision hatte. Das behauptet man in der Regel erst im Nachhinein. Aber was Hans vollbracht hat, veränderte die Reisebranche. Fast noch beindruckender war aber, dass er sogar den Zeitpunkt seines Ausstieges perfekt gewählt hat.»

Thomas Renggli: Hans Imholz – Der Reisepionier. Mit einem Vorwort von Michael Ringier. 320 Seiten. Erscheint am 22. April im Werd & Weber Verlag.

Michael Ringier, Präsident des Verwaltungsrats von Ringier Thomas Renggli: Hans Imholz – Der Reisepionier. Mit einem Vorwort von Michael Ringier. 320 Seiten. Erscheint am 22. April im Werd & Weber Verlag.

Die Liebe zur klassischen Musik und eine Reise nach Österreich haben den Verleger Michael Ringier (72) und den Reisepionier Hans Imholz zusammengeführt. Daraus ist eine enge Freundschaft entstanden. Im Vorwort zur Biografie über Imholz schreibt Ringier: «Wenn man Hans einmal kennengelernt hat, versteht man auch seinen Erfolg. Seine Leistung war aufsehenerregend. Ich nenne sie bewusst nicht ‹visionär› – denn ich kenne niemanden, der von Beginn weg eine Vision hatte. Das behauptet man in der Regel erst im Nachhinein. Aber was Hans vollbracht hat, veränderte die Reisebranche. Fast noch beindruckender war aber, dass er sogar den Zeitpunkt seines Ausstieges perfekt gewählt hat.»

Thomas Renggli: Hans Imholz – Der Reisepionier. Mit einem Vorwort von Michael Ringier. 320 Seiten. Erscheint am 22. April im Werd & Weber Verlag.

Lehrjahre bei Kuoni

Die Anfänge sind bescheiden. Imholz wächst in den 1930er-Jahren als Sohn eines Bäckers am Zürcher Neumarkt auf. Das Bäckergeschäft lebt bis heute als Familienunternehmen fort. Doch für Hans ist schnell klar, das Bäckereigewerbe ist nichts für ihn, auch weil er nicht wie sein Vater ab 3 Uhr morgens in der Backstube stehen wollte.

Nach der Handelsschule findet Imholz bei Kuoni seinen ersten Job, bessert sich schon bald sein Gehalt als Reiseführer durch den Verkauf von Extras auf: «Ausflüge kauften wir immer bei lokalen Anbietern ein. Da baute ich beim Weiterverkauf an unsere Gäste eine kleine Marge ein.» Der Verkauf von Ausflügen und Zusatzleistungen war später eines der Erfolgsrezepte des Reiseunternehmens Imholz.

Einer der Höhepunkte als Reiseführer beim Branchenprimus Kuoni: Imholz verschafft einer Schweizer Reisegruppe eine Audienz beim äthiopischen Kaiser Haile Selassie I.

Erfolg ohne Filialen

Während seiner Zeit bei Kuoni hat der junge Reiseleiter gelernt, wie man Reisen organisiert – und rund 50'000 Franken angespart. Geld, das er in sein eigenes Geschäft steckte, mit dem er am 1. Oktober 1961 loslegte – mit einer einzigen Angestellten. «Mein Startkapital von 50'000 Franken reichte für drei Monate. Hätte ich bis dann den Durchbruch nicht geschafft, wäre ich wohl gescheitert», blickt Imholz zurück.

Doch da er seine Reisen übers Telefon und in den ersten Jahren nur Firmenreisen verkaufte, waren die Fixkosten tief, und die Erträge flossen schnell. Dem Prinzip – kein Filialnetz – bleibt Imholz bis zum Verkauf treu.

Der Kupferdraht des Schweizer Telefonnetzes ist der Erfolgsgarant für Imholz. Denn Reisen übers Telefon zu verkaufen spart Geld. Der Reisepionier ist schon «online», lange bevor es das Internet gibt! Den Kostenvorteil gibt Imholz an die Kunden weiter, ermöglicht dank tiefer Preise vielen Schweizerinnen und Schweizern die ersten Ferien im Ausland – sei es am Strand oder in einer fremden Stadt.

Prominente Reiseleiter

«Hans Imholz hat Schweizer Unternehmensgeschichte geschrieben und das Reisen quasi demokratisiert. Erst dank ihm konnten es sich viele Schweizer leisten, ein Flugzeug zu betreten», sagt Roger Schawinski (75) über seinen ersten Chef.

Medienpionier Schawinski hat als Reiseleiter bei Imholz sein erstes Geld verdient. Und ist dabei in guter Gesellschaft: Die Wirtschaftsexpertin und Autorin Sonja A. Buholzer (61) oder der spätere Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (†66) haben ebenso Schweizer Touristen für Imholz durch fremde Länder geführt. Touristen, die ab 1984 gratis mit dem Zug zum Flug fahren: Das Gratis-SBB-Ticket vom Wohnort zum Flughafen ist auch eine PR-Idee von Imholz.

Grosszügiger Stifter

Imholz ist nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, er ist auch ein guter Freund. Einer, der mitleidet und Ungerechtigkeit nicht tolerieren will. Als Boblegende Erich Schärer (74) einmal wegen verbotener Schleichwerbung zu einer hohen Busse verurteilt wurde, legte Nachbar und Freund Imholz ein dickes Couvert mit 6000 Franken in den Briefkasten, um die Busse zu begleichen.

Nicht nur gegenüber Freunden auch gegenüber Kunst und Kultur zeigt sich Imholz grosszügig, setzt sich mit der Hans-Imholz-Stiftung für benachteiligte Menschen ein. Ein Netzwerk der besonderen Art ist die Welt-Pfadfinder-Stiftung, deren Ehrenpräsident der schwedische König Carl Gustaf (74) ist. An einem Empfang wurde Imholz mit dem Monarchen verwechselt: «Zwei junge Scouts schritten mit ihrem Präsent durch den Saal, kamen geradewegs auf mich zu, verneigten sich und wollten mir das Geschenk geben. Sie dachten, ich sei der König», erzählt Imholz.

Der schwedische König ist Imholz nicht, doch war er über ein Vierteljahrhundert lang einer der Könige der Schweizer Reisebranche.

Thomas Renggli: Hans Imholz – Der Reisepionier. Mit einem Vorwort von Michael Ringier. 320 Seiten. Erscheint am 22. April im Werd & Weber Verlag.


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