Auf einen Blick
Die Milliardenpleite von René Benko hinterlässt viele Verlierer – Aktionäre, Banker, Beraterinnen, Mitarbeitende und Lieferanten. Alle hat der Immobilienspekulant aus Innsbruck ausgetrickst; am schlimmsten erwischte es Logistiker Klaus-Michael Kühne, der mit Benko-Projekten 500 Millionen Euro verlor.
«Er hat mich um den Finger gewickelt», konstatierte der Patron von Kühne + Nagel trocken. Doch es gibt auch Gewinner, die mit stattlichem Profit das Benko-Feuerwerk hinter sich brachten. Es ist ein überschaubares Grüppchen, darunter der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, Ernst Tanner, Präsident von Lindt & Sprüngli, und Hans-Ulrich Lehmann, ein ehemaliger KV-Stift, der es mit dem Import von Nokia-Handys in die «Bilanz»-Reichstenliste schaffte.
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Der Unternehmer aus dem Zürcher Unterland war – wie Kühne – Investor bei Signa Prime, der Immobilienfirma von Benko. Lehmann stieg 2012 ein, war also ein Mann der ersten Stunde im Anlagevehikel, mit dem Benko Geschäftsimmobilien zusammenraffte wie Kinder Bonbons im Candyshop.
In Hochglanzprospekten pries er dann seine Käufe als «Trophy Assets an absoluten Bestlagen» an. 2019 verabschiedete sich Investor Lehmann aus dem Immobilienhype, der später in der Insolvenz endete. Die «Trophy Assets» erwiesen sich bei steigenden Zinsen als Hypothek, die sein Schönwettergeschäftsmodell erdrückte.
Lehmann besitzt in Sichtweite des Hotels eine Privatvilla
Lehmann, der im Gegensatz zu Kühne unbeschadet aus dem Signa-Prime-Abenteuer kam, hatte sich in den einträglichen Benko-Zeiten etwas Exklusives gegönnt: Eine feine Privatvilla, die Benko einst durch Stararchitekt David Chipperfield hoch über dem Gardasee bauen liess, Kostenpunkt der architektonischen Preziose: 10 bis 15 Millionen. Lehmann selber will sich zum Preis nicht äussern.
In diesem Sommer, fünf Jahre nach seinem Exit bei Signa Prime, kam er wieder in Kontakt mit Benko: Lehmann kaufte am 29. Juli 2024 das Boutiquehotel «Villa Eden Reserve» am Gardasee, in Sichtweite zu seiner Privatvilla, die er vor Jahren erstanden hatte.
Handfeste Fakten liefert das Firmenregister in Luxemburg, denn das Hotel «Villa Eden Reserve» war – wie meistens bei Benko-Geschäften – in einem wirren Firmengestrüpp versteckt. Das Hotel war in Italien bei einer Immobiliengesellschaft gemeldet, diese gehörte laut Register einer «Villa Eden»-Hotelbeteiligung mit Sitz am Boulevard de La Pétrusse in Luxemburg. Gemäss Registerakten übernahm Lehmann das Hotel «Villa Eden Reserve» am Gardasee als alleiniger Eigentümer, ein Sachverhalt, den der Schweizer Investor bestätigt.
Er hat grosse Pläne, nachdem das Hotel nach Benkos Bruchlandung monatelang geschlossen war. Gewinn hat es ohnehin nie geschrieben, wie ein Insider berichtet. Das soll sich ändern: «Wir wollen das Hotel in die schwarzen Zahlen bringen.» Das Management hat er ausgewechselt, die neue Direktion habe die Kosten im Griff, freut er sich. Sein Vier-Sterne-Etablissement hat viel zu bieten: Suiten, Penthouses, Appartements und eine üppige Wellnesszone.
Während Lehmann beim Geschäften als scharfer Rechner gilt, setzte Benko andere Prioritäten. Er genoss mit Friends and Family das Idyll, das der Südtiroler Architekt und Designer Matteo Thun entworfen hatte. Oft lud er seine Signa-Investoren an den Gardasee ein, hielt Strategiesitzungen ab und gab den erfolgsverwöhnten Investor. Lehmann übernahm das Hotel diesen Sommer aus einer Pfandverwertung der Laura Privatstiftung. Die Stiftung, die auf den Namen von Benkos Tochter lautet, hielt das Hotel als Sicherheit für ein Darlehen, das sie der Signa Holding gewährte. Als diese insolvent war, machte sich die Stiftung ans Verwerten der Sicherheit. Lehmann packte zu.
Hotel dürfte ein Schnäppchen gewesen sein
Einen Kaufpreis fürs Hotel lässt er sich nicht entlocken. Allzu hoch kann er nicht gewesen sein, zumindest deuten Verkäufe der Laura Stiftung aus den letzten Wochen eher auf Ausverkauf hin: Benkos Superjacht «Roma», die bei der Kiellegung noch 65 Millionen wert war, ging für eher bescheidene 25 Millionen an einen Tessiner Milliardär, dem die Kochgeschirrfirma Le Creuset gehört. Benkos Privatjet Bombardier Global Express, der ebenfalls in der Laura Stiftung geparkt war und weit über 50 Millionen kostete, wird derzeit für 16 Millionen angeboten. Bislang hat niemand zugepackt.
Auch das Gerangel zwischen den Anwälten Benkos und der Justiz Österreichs kann Lehmann nichts anhaben. Dabei geht es um fünf Luxusvillen am Gardasee, die im Sommer 2023 von einer Signa-Tochterfirma in Luxemburg in die Ingbe Privatstiftung verschoben wurden. Für die Villen im Wert von 46 Millionen, die an die Stiftung von Benkos Mutter Ingeborg ging, erhielt die Signa-Tocherfirma als Gegenwert Aktien der Signa Prime, die sich schon bald als wenig werthaltig erwiesen. Die «Villen-Verschiebung» war somit ein tolles Tauschgeschäft für die Stiftung, mieser aber für die Gläubiger der Signa Holding.
Der Millionendeal in einer heiklen Phase interessiert das Korruptionsdezernat in Wien, das in Luxemburg Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen vornehmen liess, um den Verdacht einer Eigentumsübertragung kurz vor einer Insolvenz zu prüfen. Die Anwälte Benkos beteuern, dass stets alle Transaktionen rechtens waren und bestreiten jedes strafrechtswidrige Verhalten.
Schnee von gestern, mag Macher Hans-Ulrich Lehmann denken. Der Neohotelier freut sich jedenfalls auf die Zukunft. «Wir haben bereits sehr viele Buchungen für 2025.»