Ein zweiter Lockdown - also die Schliessung von Geschäften und Betrieben - wäre volkswirtschaftlich verheerend, sagte Christoph Mäder, seit Anfang Oktober Präsident des Wirtschaftsdachverbands, im Interview mit der Nachrichtenagentur AWP. Die finanziellen Folgen wären unabsehbar und würden die nachfolgenden Generationen treffen: Denn die ohnehin schon beträchtliche Schuldenlast würde sich noch einmal exponentiell vergrössern. «Das kann wirklich keine Option sein.»
Im Frühjahr war es hierzulande wegen des Coronavirus bereits zu einer Teilstillegung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens gekommen. Rückblickend auf den ersten Lockdown sagte Mäder: «Ich glaube, in der damaligen Situation - auch angesichts des sehr bruchstückhaften Wissens über das Virus - gab es keine andere Option.»
Keine kurzfristigen Sofortmassnahmen
Aber heute müsse man anerkennen, «dass wir noch eine beträchtliche Zeit mit diesem Virus zu leben haben, bis die entsprechenden Impfstoffe oder Medikamente zur Verfügung stehen.» Eine kurzfristige Sofortmassnahme wie ein Lockdown würde keine Abhilfe schaffen.
Um einen zweiten Lockdown zu verhindern, brauche es aber die nun beschlossenen zusätzlichen Massnahmen, sagte Mäder weiter. Das ist auch das Ziel des Bundesrats: Am Mittwoch hatte dieser beschlossen, die Maskenpflicht im Freien auszuweiten sowie private Treffen und öffentliche Veranstaltungen weiter zu begrenzen. Zusätzliche Einschränkungen gibt es auch für Restaurants und Bars.
Konkurse werden zunehmen
«Wir hatten eigentlich erwartet, dass sich Bund und Kantone auf die immer wieder diskutierte zweite Welle gemeinsam und sehr sorgfältig vorbereiten», erwiderte Mäder zudem auf die Frage, ob es ist nicht bereits zu spät sei und sich ein Lockdown mit den verschärften Massnahmen überhaupt noch verhindern lasse. «Aber ehrlich gesagt, von einer solchen sorgfältigen Vorbereitung haben wir nicht viel gesehen. Man hat schon etwas den Eindruck eines Flickenteppichs erhalten», kritisierte er.
Damit sei auch der bisher erstaunlich positive Verlauf der Erholung im Sommer «akut gefährdet». Man müsse damit rechnen, dass die Zahl der Konkurse zunehmen wird und sich die Auswirkungen am Arbeitsmarkt noch verstärken.
Kein Giesskannenprinzip
Mäder sass im Laufe seiner Karriere 18 Jahre in der Konzernleitung von Syngenta und hält aktuell Verwaltungsratsmandate bei Ems-Chemie, Lonza und Bâloise. Mit Blick auf die Schweizer Unternehmen insgesamt sagte er, wo es möglich ist, sollten diese wieder vermehrt auf Homeoffice umstellen. Zudem müssten die Schutzkonzepte laufend überprüft und bei Bedarf auch verschärft werden. In vielen Betrieben werde das aber schon sehr erfolgreich gemacht. «Die Infektionsherde haben sich eindeutig eher in den privaten oder Freizeitbereich verschoben.»
Für besonders betroffene Branchen forderte Mäder schnellere Unterstützungen für Härtefälle als bisher geplant. Man dürfe aber auch nicht «einfach eine riesige Giesskanne verwenden».