Die Zeiten von mürrischem Verkaufspersonal zwischen den Regalen oder an den Kassen könnten bald vorbei sein. Denn der Grossverteiler Coop lässt durch die Kunden die Freundlichkeit und Höflichkeit des Personals bewerten.
Dazu dienen Umfragen in der Supercard-App oder auf Einkaufsbelegen. Auf der Quittung verknüpft mit einem Gewinnspiel. Coop verfolge das Ziel, «die Kundenwünsche noch besser zu verstehen», begründet ein Sprecher die Umfrage gegenüber der «SonntagsZeitung». Damit solle die Kundenzufriedenheit weiter gesteigert werden.
Personal fühlt sich überwacht
Das heisst, lieber einmal zu viel als zu wenig lächeln, denn sonst könnte es ungemütlich werden. Auch wenn Coop abwinkt und von «überwiegend positiven Rückmeldungen» spricht, welche motivierend wirkten. Doch das sehen die Gewerkschaften naturgemäss etwas anders: «Meistens kommen solche Bewertungen bei den Mitarbeitenden schlecht an. Sie fühlen sich noch mehr überwacht», sagt Anne Rubin von der Unia zur «SonntagsZeitung». Und Marco Geu von der Gewerkschaft Syna ergänzt: «Die Bewertungen durch Kunden üben Druck aufs Personal aus.»
Denn in den Umfragen werden auch Details zum Einkauf wie etwa die Uhrzeit festgehalten. Käme es wiederholt zu negativen Rückmeldungen seitens der Kunden, könne das ein Anlass für ein konstruktives Gespräch mit den Mitarbeitenden sein, heisst es vonseiten Coop.
Schlechte Erfahrungen loswerden
Und nicht nur das Personal auch die Chefs stehen unter Druck: «Der Filialleiter bekommt aufs Dach, wenn sein Laden schlecht bewertet wird», sagt Geu von der Syna.
Das Problem bei solchen Umfragen ganz generell: Die Motivation, daran teilzunehmen, ist bei Leuten mit schlechten Erfahrungen grösser, denn das bietet die Möglichkeit, seinen Frust loszuwerden. Daneben nehmen sich wohl weniger Leute die Mühe, die täglich guten Erfahrungen mit dem Verkaufspersonal in der App oder auf anderem Wege mitzuteilen. (koh)