Preisfrage: Wo liegt die östlichste Wirkungsstätte der Migros? Ist sie im Einkaufszentrum in St. Margrethen SG zu verorten? Hat der Migrolino in Samedan GR am meisten Ostausrichtung? Oder ist es der Migros-Supermarkt von Davos-Dorf GR? Die korrekte Antwort lautet: alles falsch.
Der östlichste Stützpunkt des orangen Riesen liegt ausserhalb der Landesgrenzen, 9228 Kilometer hinter St. Margrethen. An der 38 Wang Chiu Road, Kowloon Bay, Hongkong.
Migros mit zwei Fernostablegern aktiv
Was in der Schweiz relativ unbekannt ist, hat eine längere Tradition, wie die Migros auf Anfrage bestätigt: «Um Importe aus Fernost effizienter und kostengünstiger abwickeln zu können, hat die Migros 1995 in Hongkong und 2012 in Delhi eigene Büros eingerichtet.» Die Niederlassung in Hongkong ist dabei deutlich grösser als jene in Delhi.
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Man wolle in Asien vor allem deshalb vor Ort sein, um Beschaffung, Logistik und Transport optimal zu organisieren, heisst es: «Dank der örtlichen und regionalen Kenntnisse können unsere lokalen Logistikspezialisten unter anderem alle transportrelevanten Daten und Dokumente effizient beschaffen und die rechtzeitige Anlieferung der Sendung im Hafen durch den Hersteller überwachen.» Oder einfacher gesagt: In Hongkong büschelt die Migros ihre Lieferkette.
Non-Food-Sortimente im Rückgang
Aus Fernost lässt die Migros neben Fisch- und Fruchtkonserven viele Non-Food-Artikel in die Schweiz kommen, darunter mit grossem Anteil Unterhaltungselektronik, aber auch Sportbekleidung, Do-it-yourself-Geräte oder Gartenmöbel.
Genau bei diesen Sortimenten baut die Schweizer Migros-Zentrale aktuell stark ab. Im ersten Halbjahr 2024 hat sich der orange Riese bereits von Non-Food-Formaten wie Melectronics und Sport X getrennt, und in nächster Zeit sollen weitere Fachmärkte wie Do it + Garden und Bike World abgestossen werden.
Durch diesen selbst verordneten Schrumpfkurs verzichtet die Migros nicht nur auf Hunderte von Millionen Umsatzfranken, sie muss – und jetzt sind wir wieder in Hongkong – künftig auch nicht mehr die gleichen Fernostbeschaffungsvolumina bündeln. Wird in der Hongkong-Migros also stark abgebaut? Das Unternehmen stapelt dazu tief: «Die Anzahl Mitarbeitende wird sich nur minimal verändern, da viele der betroffenen Mitarbeitenden innerhalb der Organisation aufgenommen werden können – unter anderem auch deshalb, weil weiterhin ein Elektroniksortiment in den Migros-Filialen angeboten wird.»
Das mag sein. Was man aber auch sehen muss: Wenn der Migros-Rausverkauf bei den Fachmärkten fertig ist, bleibt nicht mehr viel übrig von den 1,5 Milliarden Franken Umsatz, die 2023 noch mit Melectronics, Sport X und Co. erzielt wurden. Handelsketten übrigens, welche bei der Migros Hongkong immer noch stolz als Kundinnen für die Kategorie «Hard Goods» (Hartwaren oder Non-Food-Güter) genannt werden.
Partnerschaft mit deutschem Riesen Edeka
Um ihre Leute in Fernost weiterhin gut auszulasten, ist der orange Riese in Hongkong nun eine Kooperation mit einem deutschen Riesen eingegangen: mit der Edeka-Gruppe, die in Deutschland für einen Umsatz von 62 Milliarden Euro steht und damit das Feld der dortigen Einzelhändler anführt. Die wie die Migros genossenschaftlich organisierte Edeka ziehe bei der Migros in Hongkong ein, schreibt das deutsche Fachblatt «Lebensmittel Zeitung».
Dieses fernöstliche Zusammenrücken sei zwar nicht mit einer Kapitalbeteiligung vor Ort verbunden, helfe der Migros aber, an weitere Volumina zu kommen. Bei der Migros-Zentrale in Zürich wird das Hongkonger Zusammenrücken so begründet: «Durch die Bildung internationaler Einkaufsgemeinschaften kann der Handel dazu beitragen, dass Konsumentinnen und Konsumenten Produkte weiter zu erschwinglichen Preisen erwerben können.» Was wohl auch bedeutet: Dadurch, dass die Migros in Hongkong Edeka ins Boot nimmt, kann sie in Fernost in ähnlicher Grösse wie bisher präsent bleiben.
M-Industrie-Abstecher nach China nach zwei Jahren eingestellt
Was dabei aber wohl endgültig vom Tisch ist: ein Auftritt der Migros als Detailhändlerin in Fernost. Das würde nicht zum Fokusansatz des neuen Migros-Chefs Mario Irminger passen. Kommt dazu: Die bisherigen Erfahrungen fielen nicht gut aus.
Mit der Marke «Orange Garten» stieg die Migros-Industrie 2017 in Zusammenarbeit mit der Onlinehandelsplattform Netease Kaola ins chinesische Onlinebusiness ein und wollte dort Produkte der Migros-Industrie wie etwa Rösti, Shampoo oder Abwaschmittel über das Internet vertreiben.
Zwei Jahre später wurde das Angebot wieder eingestellt. Was Migroslogen aber nicht daran hindert, auch Jahre später immer noch über den damaligen chinesischen Werbespot der Migros zu schmunzeln.