Ermotti schenkt Mitarbeitern Wochenlohn zum Abschied
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Letzter Auftritt des UBS-Chefs:Ermotti schenkt Mitarbeitern Wochenlohn zum Abschied

Der UBS-Chef hat heute seinen letzten Auftritt – die Bilanz
Ermotti schenkt Mitarbeitern Wochenlohn zum Abschied

Fussball dominierte das Leben des jungen Sergio Ermotti. Und auch während seiner Zeit als Banker blieb er einem Motto aus dem Sport treu. Eine Bilanz über neun Jahre als UBS-Chef.
Publiziert: 19.10.2020 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2020 um 10:16 Uhr
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Sergio Ermotti und seine Frau Tina: Der Winter soll mehr Zweisamkeit bringen.
Foto: Kurt Reichenbach
Marc Iseli

Seit neun Jahren lenkt Sergio Ermotti (60) die UBS. Der Tessiner war zunächst nur Notnagel, hielt sich dann aber mit Machtinstinkt an der Spitze. Er erbte ein Unternehmen, das während der Finanzkrise vom Bund gerettet werden musste. In den Büchern stapelten sich die Kosten für Rechtsfälle. In London verzockte Kweku Adoboli (40) Milliarden – das Ende für Ermottis Vorgänger Oswald Grübel (76).

Ermotti war Feuerlöscher. Retter in der Not. Und Grossverdiener vom Feinsten: Über 100 Millionen Franken strich er in den Chef-Jahren an Lohn ein. Er leistete sich einen gelben Maserati, Massanzüge, eine moderne Villa in Luganos nobler Vorortgemeinde Montagnola.

Ermotti sagt Ciao mit Gewinnsprung

Heute hat er nun seinen letzten grossen Auftritt. Er präsentiert die Zahlen für das dritte Quartal. Einen Gewinnsprung – den besten Vorsteuergewinn in einem dritten Quartal seit zehn Jahren! Unter dem Strich verdiente die UBS in der Periode von Juli bis September 2,1 Milliarden Dollar, was einer Verdoppelung im Vergleich zum Vorjahreswert entspricht.

Die Schätzungen von Analysten hat der Grossbank-Chef damit klar übertroffen. «Ich bin stolz auf die Beiträge, die unsere Mitarbeitenden Tag für Tag leisten, vor allem im aktuell schwierigen Umfeld», so Ermotti.

Auch Aktionären und Investoren spricht Ermotti Dank aus. «Es war nie langweilig in den letzten neun Jahren», sagt Ermotti in einem Web-Call. Hart habe er an der Firmenkultur der UBS gearbeitet: «Heute weiss jeder, wofür die UBS steht.» Speziell zum Resultat des 3. Quartals sagt er: «Diese Zahlen sprechen für sich.»

Geschenk für die Mitarbeitenden

Einen zusätzlichen Wochenlohn in bar verschenkt Ermotti an alle Nicht-Kader. Als Zeichen der Wertschätzung, wegen dem Stress in der Corona-Zeit. 30 Millionen Dollar nimmt er nach eigenen Angaben dafür in die Hand.

Ermotti ist bereit für die Stabsübergabe: «UBS hat alle Optionen, um ihrer Geschichte unter der neuen Führung von Ralph Hamers ein weiteres Erfolgskapitel hinzuzufügen.»

Ab November übernimmt der Niederländer Ralph Hamers (54). Ermotti zieht sich zurück, verbringt mehr Zeit mit seiner Frau, will wieder öfter auf die Ski. Keine Anrufe, keine E-Mails. «Ich brauche diesen Shutdown. Brutal und konsequent», sagte er der «Schweizer Illustrierten». Nächsten Frühling soll er Swiss-Re-Präsident werden.

Erster Lohn

Die Bilanz nach neun Jahren, gemessen an der Börse, ist bescheiden. Eine UBS-Aktie kostet immer noch knapp mehr als ein Zehnernötli. Ermottis Verdienst ist es aber, mit den Altlasten aufgeräumt zu haben. Er ist der Sanierer, der ein aufgeräumtes Haus hinterlässt. Die grossen Rechtsfälle sind abgeschlossen – mit Ausnahme von Frankreich.

Ermotti hielt dabei stets Kurs. Der Reingewinn unter seiner Regentschaft summiert sich auf knapp 30 Milliarden Franken. Das sind 10 Millionen Franken Gewinn an jedem einzelnen Tag, an dem Ermotti Chef der UBS war.

Das steht im Kontrast zu seinen Wurzeln. Ermotti startete als Lehrling bei der Cornèr Bank in Lugano. Der erste Lohn: 350 Franken. Der Vater war damals eine wichtige Figur. Ein Bankangestellter auch er, aber weit weg von einer Kaderposition. Ermotti senior war für die Post zuständig.

Fussballverrückte Jugend

Ermotti junior tat sich schwer mit der Schule. «Ich war sehr unruhig, hyperaktiv», so Ermotti. «Mein Ziel war immer, mit einer 4 irgendwie durchzukommen.» Bis 15 hatte er nur Sport im Kopf. «Ein Unruhestifter» sei er gewesen, «übermotiviert». Teamkapitän der lokalen Fussballmannschaft. Banklehrling, weil er nicht Fussballprofi werden konnte. Eigentlich auf dem Sprung zum Sportlehrer, doch die Verlockungen der Finanzwelt waren zu gross. Mit 25 ging er nach Zürich, schliesslich nach London, New York und Mailand. Er machte Karriere als Investmentbanker, dinierte mit Nelson Mandela (1918–2013) – keine Person hat ihn mehr beeindruckt.

Er zählt nunmehr zahlreiche Grössen aus der nationalen und internationalen Wirtschaft und Politik zu seinen Duzfreunden. Legendär ist die Beziehung zum verstorbenen Fiat-Chef Sergio Marchionne (1952–2018). Die politische Bühne scheut er nicht. Ermotti wehrt sich gegen ausufernde Regulierungen. Dabei bläst ihm immer wieder ein heftiger Wind entgegen, er wird öfters als Abzocker kritisiert.

Ermotti, der Machtmensch, bleibt ruhig. Er zieht sich zurück in die Sonnenstube der Schweiz, bleibt Gönner des lokalen Fussballs. Bis heute präsidiert er den Drittligisten FC Collina d’Oro. Die Bilanz des Vereins in der aktuellen Saison: acht Spiele, acht Siege, 23 Tore und nur ein Gegentreffer. Spitzenwert. Aufstieg möglich. Die Devise, ganz nach Ermotti: Defensivfussball verboten.

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