Seit 1850 gibt es die Franken-Münzen, wie wir sie heute kennen. Nur unwesentlich kürzer ist die Geschichte der PB Swiss Tools. Deren Wurzeln lassen sich bis ins Jahr 1878 zurückverfolgen.
Damals wurden in der Dorfschmiede von Wasen im Emmental BE Nasenringe für die Bezähmung von Ochsen produziert. Heute stellen die 180 Mitarbeitenden des Familienunternehmens jährlich zwölf Millionen Werkzeuge und medizinische Instrumente her.
Mehr als zwei Drittel davon werden exportiert. Am Produktionsstandort Emmental hat die PB Swiss Tools trotz des starken Frankens eisern festgehalten. Das Corona-Jahr war fürs KMU aber schwierig. «Die Ungewissheit im Frühling war eine Herausforderung. Da hatten wir keine Planungssicherheit und wussten nicht, was auf uns zukommt», sagt Inhaberin und CEO Eva Jaisli (62).
Wegen der Pandemie war der Marktzugang weltweit erschwert. Teilweise war der Verkauf von Werkzeugen gar untersagt. In den letzten Monaten hat sich die Situation für PB Swiss Tools aber schrittweise verbessert. «Im vierten Quartal war das Auftragsvolumen wieder auf einem guten Niveau. Auch das neue Jahr hat vielversprechend begonnen», so Jaisli. Die Nachfrage im Heimmarkt, in Europa, Asien und den USA habe spürbar angezogen.
Nun kommen Good News von der Währungsfront hinzu: Seit Anfang März kostet ein Euro rund 1,11 Franken – so viel wie seit Sommer 2019 nicht mehr. Jaisli: «Die Abschwächung des Frankens gibt uns zusätzlichen Rückenwind. Wir spüren jede noch so kleine Veränderung des Frankenkurses sofort im Portemonnaie – zumal wir eher preissensible Produkte verkaufen.»
Zuversicht bei der Industrie
Die PB Swiss Tools ist kein Einzelfall, weiss Simone Wyss Fedele (41), CEO der Exportförderungsorganisation Switzerland Global Enterprise. «Die Aussichten insbesondere für den Industriesektor sind wieder besser.» Vielen Unternehmen sei es gelungen, ihr Geschäft grösstenteils zu stabilisieren. «Gemäss unserer letzten Umfrage rechnen 72 Prozent der international tätigen KMU im Jahr 2021 mit einer Exportsteigerung.»
Woher kommt dieser Optimismus? Viele Länder – so auch die Schweiz – befinden sich nach wie vor zumindest in einem Teil-Lockdown. Die Pandemie ist also längst nicht ausgestanden. Und was ist mit der plötzlichen Abschwächung des Schweizer Frankens? Was sind die Gründe dafür?
Wie so oft hängt alles mit allem zusammen. «Mit den raschen Fortschritten bei der Impfstoffentwicklung hat sich der Konjunkturausblick weltweit seit Monaten stark verbessert», sagt Martin Neff (60), Chefökonom bei Raiffeisen. Diese Entwicklung hätte dem starken Franken eigentlich schon seit einiger Zeit mehr Wind aus den Segeln nehmen können. «Der jüngste Anstieg scheint aus unserer Sicht also mehr eine Nachholbewegung zu sein», so Neff.
Ähnlich die Einschätzung von Credit-Suisse-Ökonom Claude Maurer (45): «Das Licht am Ende des Tunnels ist sichtbar, die wirtschaftliche Erholung absehbar. In solchen Zeiten verliert der Franken als ‹sicherer Hafen› an Attraktivität und schwächt sich ab.» Der Euro scheine auch diese Krise zu überstehen und sei mit dem Recovery Fund der EU gar gestärkt worden. «Der Euro-Franken-Kurs nähert sich deshalb zumindest ein bisschen dem sogenannt fairen Wechselkurs.» Die aktuelle Entwicklung zeige aber einmal mehr: Der Euro-Franken-Kurs werde im Ausland bestimmt – zumindest gegen oben.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat mit der aktuellen Kursentwicklung wenig zu tun. Die jüngsten Ereignisse sind für die Währungshüter aber höchst erfreulich. Maurer: «Die SNB muss nun nicht mehr intervenieren. Allenfalls kann sie gar einen Teil der Devisenreserven abbauen – mit Gewinn.» Es gebe Anzeichen, dass die SNB das gar schon getan habe.
Franken noch immer überbewertet
Dennoch bleibt der Druck auf die SNB hoch. «Trotz der Abwertung ist der Franken nach wie vor deutlich überbewertet», sagt Daniel Lampart (52), Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds. Er erachtet einen Euro-Franken-Kurs von mehr als 1.20 als fair. Dementsprechend erwartet er von der SNB, dass sie sich stärker für eine weitere Abschwächung einsetzt. «Die SNB soll konkrete Ziele für den Wechselkurs oder die Teuerung vorgeben – und diese auch konsequent verfolgen.»
Die Teuerung in der Schweiz und der Frankenkurs würden stark zusammenhängen, erklärt Lampart: «Viele Produkte, die wir konsumieren, stammen aus dem Ausland. Zum Beispiel Autos, Haushaltsgeräte oder Nahrungsmittel. Und deren Preise hängen direkt vom Wechselkurs ab.» Der Frankenkurs präge die Teuerung deshalb in wesentlichem Masse – und genau deshalb müsse die SNB eine höhere Teuerung anstreben. Lampart warnt: «Wenn sich der Franken nicht abwertet, dürfte die Schweizer Industrie im Aufschwung weiter Marktanteile verlieren.»
Export-Unternehmerin Eva Jaisli sieht auch nicht alles rosig. Sorgen bereitet ihr insbesondere der Marktzugang zur EU, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Insgesamt schaut sie aber zuversichtlich in die Zukunft: «Wir sind optimistisch für das Jahr 2021 und so aufgestellt, dass wir die Kundenerwartungen erfüllen können.»