Wer will, dass seine Träume in Erfüllung gehen, sollte nicht alles dem Zufall überlassen. Doch gerade mit Blick auf die eigene Pension scheint dies bei der grossen Mehrheit der Fall zu sein. Egal ob jung oder alt, die Schweizer Bevölkerung beschäftigt sich zu wenig mit der Altersvorsorge, wie eine aktuelle Studie der Raiffeisen zeigt.
Zahlreiche Jungrentnerinnen und -rentner möchten die viele Zeit nach der Pensionierung für lange Reisen nutzen, womöglich mit dem Wohnmobil die Welt erkunden oder regelmässig Ausflüge unternehmen. Für solche Sachen würden Menschen im Ruhestand gerne mehr Geld ausgeben, wenn sie es denn hätten. «Viele Menschen unterschätzen oft, wie hoch ihre Ausgaben nach der Pensionierung sind», sagt Florian Bächler (32), Vorsorgeexperte beim VZ Vermögenszentrum.
Wer bei der Pensionierung keine böse Überraschung erleben will, sollte sich bereits früh mit der Altersvorsorge auseinandersetzen. Blick liefert die Übersicht, was du je nach Alter für deine Vorsorge beachten solltest.
Wann man mit der Vorsorge beginnen sollte
Als junger Erwachsener liegt die Pension noch in weiter Ferne. Mit der Vorsorge könne man aber nicht zu früh anfangen, betont Andrea Klein (53), Leiterin Fachzentrum Finanzplanung bei Raiffeisen Schweiz. «Es lohnt sich bereits mit 20, eigenverantwortlich in kleinen Schritten vorzusorgen und zum Beispiel in die 3. Säule einzuzahlen. Ganz nach dem Motto ‹auch Kleinvieh macht Mist›.»
Klein rechnet vor: Die eine Person legt 40 Jahre lang monatlich 30 Franken in einen Fonds-Sparplan an. Eine andere Person investiert während zehn Jahren jeden Monat 300 Franken in einen Sparplan. Dank Zinseszinseffekt habe man mit den 30 Franken am Ende etwa gleich viel gespart. Ein Betrag, der auch für Lehrlinge oder Studenten machbar sein sollte, wenn sie wöchentlich auf ein, zwei Kaffee in einer Beiz verzichten. Studenten ab 20 Jahren sollten zudem unbedingt darauf achten, dass sie in der AHV keine Beitragslücken entstehen lassen. Liegen Lücken vor, können diese auf maximal fünf Jahre nachbezahlt werden.
«Wer im Alter seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten möchte, tut gut daran, aktiv für sich selbst vorzusorgen. Je früher, desto besser», sagt auch Andreas Habegger (53), Leiter Finanzplanung und Vorsorge bei der Zürcher Kantonalbank. Bei der ZKB sind junge Vorsorger bereits ab 1 Franken pro Monat mit einem Säule-3a-Konto dabei. Das Bewusstsein für das Thema nehme zu.
Warum man mit 30 Jahren mehr sparen sollte
Anfang 30 konnten viele schon einiges an Arbeitserfahrung sammeln und streichen einen anständigen Lohn ein. Die Verlockung ist gross, auch mal auf den Putz zu hauen. Beim Autokauf darf es das teurere Modell sein. Statt Backpacking lockt das 4-Sterne-Hotel. Und nach dem Arbeitsstress gönnt man sich einen Restaurantbesuch. Alles gut und recht, aber gerade in dieser Lebensphase könnten Singles und kinderlose Paare oft richtig viel Geld zur Seite legen. Gründet man ein paar Jahre später eine Familie, sind die Sparmöglichkeiten meist nicht mehr ganz so üppig. «Man sollte die Altersvorsorge immer über ein gesamtes Erwerbsleben betrachten», sagt Andreas Christen (38), Leiter Research Vorsorge bei Swiss Life.
Bestehe für einige Jahre die Möglichkeit, mehr zu sparen, sollte man dies tun, so Christen. In solchen Fällen empfiehlt es sich aus Steuergründen zuerst, den jährlichen Maximalbetrag von 7056 Franken in die Säule 3a einzubezahlen. Darüber hinaus kann die private Vorsorge mit einer Säule 3b gestärkt werden – so besteht die Möglichkeit zu weiteren Steuereinsparungen.
Zudem sollten Sparer auf einem Dritte-Säule-Konto nicht mehr als 50'000 Franken anhäufen. Wird der Betrag erreicht, kann ein neues Konto eröffnet werden. Ansonsten schlägt bei der Auflösung die Steuerprogression zu.
Aufgepasst bei der Familienplanung
Bei Paaren mit Kindern drohen für die Vorsorge die meisten Stolperfallen. «Hier liegt die Hauptursache für den Gender Pension Gap. Eltern sollten sich deshalb zwingend mit der Vorsorge auseinandersetzen», sagt Christen. Nach wie vor seien es viel häufiger die Frauen, die bei Nachwuchs ihr Pensum reduzieren, und zwar deutlich. «Unsere Untersuchungen zeigen zudem, dass die Pensen oft sehr langfristig tief bleiben und auch später meistens nicht wieder auf 80 Prozent oder mehr erhöht werden», führt er aus. Das führt auch mit Blick auf die langfristige Karriereentwicklung zu erheblichen Lohneinbussen.
Bei verheirateten Paaren gibt es einen automatischen Ausgleich bei einer Scheidung: Hier werden die während der Ehe angesparten Gelder in der AHV und Pensionskasse (PK) aufgeteilt. Doch die Zahl der Konkubinatspaare steigt. «Hier braucht es unbedingt vertragliche Vereinbarungen für einen Ausgleich über private Vorsorgemöglichkeiten», sagt Raiffeisen-Vorsorgeexpertin Klein. Konkubinatspaare können bei vielen Pensionskassen auch eine Lebenspartnerrente eintragen lassen, die im Todesfall zum Zug kommt. Jedoch nur, wenn die Partnerschaft mindestens fünf Jahre angedauert hat. Auch eine Lebensversicherung sichert bei einem solchen Schicksalsschlag ab.
55 – höchste Zeit für einen Pensionierungsplan
Im Alter von 50 bis 55 sollte man eine Pensionierungsplanung machen. «Es ist in der Pensionierung schwieriger, als viele denken, den vorherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten», sagt Florian Bächler vom VZ Vermögenszentrum. Die AHV und die Pensionskassen sollten zusammen eigentlich ein Einkommen in Höhe von 60 Prozent des letzten Lohns vor der Pensionierung garantieren. «Tatsächlich sind es oft nur rund 50 Prozent», so Bächler. Wer mit 50 Jahren merkt, dass er oder sie nach der Pensionierung deutliche Abstriche machen muss, kann allenfalls reagieren und mehr sparen. Im Fall einer PK-Lücke kann man auch freiwillig in die Pensionskasse einzahlen und spart so Steuern.
Auch Eigenheimbesitzer mit einer Hypothek müssen ihre Lage rechtzeitig beurteilen. Bei einer hohen Schuldenlast kann die Tragbarkeit nach der Pension zum Problem werden, weil dann das der Berechnung zugrunde liegende Einkommen geringer ist. Ist die Tragbarkeit nicht mehr erfüllt, könnte die Bank eine teilweise Amortisation verlangen. «Und fehlt das nötige Geld, ist man im schlimmsten Fall mit Blick auf die Immobilienpreise zu einem ungünstigen Zeitpunkt zum Verkauf gezwungen», sagt Raiffeisen-Expertin Klein.