Das grosse Geschäft mit den starken «Alpha-Männern» boomt
Abgelegenes Männercamp auf Bali sorgt für Wirbel

Keine Veganer, keine Frauen und sicher keine Weicheier: Ein abgelegenes Männercamp, versteckt in den Bergen und Wäldern von Bali, geht auf Social Media gerade viral. Das steckt dahinter.
Publiziert: 09.07.2024 um 20:44 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2024 um 13:31 Uhr
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Besucher des Männercamps auf Bali posieren vor einem Wasserfall.
Foto: balitimechamber.com
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Nicola ImfeldTeamlead Wirtschaft-Desk

Für einige Männer sind ihre Geschlechtsgenossen schwache Männer – sogenannte Weicheier. Sie sehen sich als «Alpha-Männer», also als starke Männer mit Führungsanspruch. Und sie glauben: Weil wir heute in ruhigen und friedlichen Zeiten leben, ist die Ur-Männlichkeit nicht gefragt. Die Männer verweichlichen, zeigen Emotionen, lassen die Frauen fürs Essen bezahlen und machen plötzlich den Haushalt. Das geht ihnen zu weit. «Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich starke Männer wieder erheben können, ohne auf einen globalen Krieg zu warten, um diese Bewegung in Gang zu setzen», sagt ein Muskelpaket in einem Werbevideo von «Bali Time Chamber».

Der Mann mit den vielen Muckis ist einer der Gäste im Männercamp auf der indonesischen Insel Bali. Die Videos vom Hotel gehen in den sozialen Medien gerade viral – und erreichen ein Millionenpublikum. Im Werbevideo mit den meisten Likes heisst es: «Dieser Ort lässt keine Frauen zu, sondern nur Männer, die ohne Ablenkung an ihrer Fitness und ihrem Business arbeiten wollen. Es ist das erste Konzept seiner Art in den Bergen von Bali. Wenn man diesen Ort betritt, ist es, als würde man in eine andere Dimension eintauchen, in der alles darauf ausgerichtet ist, einem zu helfen und zu wachsen.»

Striktes Handy- und Netflix-Verbot

Die Verantwortlichen des Männercamps auf Bali werben mit einem Restaurant, das den ganzen Tag über «nur gesundes Essen» serviert. «Veganer haben keinen Zutritt zu diesem Ort! Nur Männer, die hochwertiges Fleisch essen», heisst es da. Weiter gebe es ein privates Fitnessstudio, eine Sauna, ein Eisbad – damit sich die Alpha-Männer auch wirklich stark fühlen – und Wanderwege, um die Wasserfälle der Insel zu entdecken.

Nicht nur Frauen und Veganer sind unerwünscht. Im Männercamp gilt ein striktes Handy- und Netflix-Verbot. «Du wirst diesen Ort in deinem bestmöglichen physischen und geistigen Zustand verlassen», versprechen die Verantwortlichen. Die Woche kostet 1200 Dollar, für die empfohlene Dauer von einem Monat werden 4300 Dollar fällig.

In den sozialen Medien gibts viele positive Kommentare von Männern und Frauen. «Warum gibt es so etwas nicht für Frauen?», kommentiert jemand. Aber die Werbevideos werden auch kontrovers diskutiert – und die Alpha-Männer für ihre diskriminierende und kindische Haltung kritisiert. «Was für ein Kindergarten, geht zurück zu den Neandertalern», heisst es etwa in einem Kommentar.

«Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, muss sie mir gehorchen»

Die Betreiber des im Wald versteckten Männercamps auf Bali sind nicht die Einzigen, die vom Mythos des Alpha-Mannes Profit schlagen wollen. Das damit verbreitete Männerbild wirkt gerade für heranwachsende Jungs anziehend: Ein Alpha-Mann ist stark, intelligent, sticht Konkurrenten einfach aus und hat Erfolg im Beruf, beim Sport oder in schönen Künsten wie Tanz und Musik, so das realitätsfremde Zerrbild. Und natürlich: Der Alpha-Mann kriegt die hübschesten Frauen des Planeten Erde.

Einer, der von diesem vermeintlichen Idealbild ebenfalls profitiert, ist Andrew Tate (37). Eines seiner vielen Videos zeigt ihn mit einer Zigarre in der Hand: «Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, muss sie mir gehorchen», sagt er genüsslich. Während des gesamten Interviews massiert ihm eine Frau den Rücken. Tate fährt fort: «Viele Leute glauben, dass Frauen individuelle Wesen sind. Dabei sind sie formbar. Durch uns Männer.»

Andrew Tate bietet für viel Geld Studiengänge an seiner eigenen Hustlers University 4.0 an. Hier spricht Tate, dem in Rumänien Vergewaltigung vorgeworfen wird, in Videos zu seinen Jüngern und propagiert das Leben als Alpha-Mann. Tate selbst behauptet, Milliardär zu sein. Die Website Celebrity Net Worth, die das Einkommen von Prominenten berechnet, schätzt sein Vermögen um einiges tiefer – nämlich auf rund 12 Millionen Dollar. Das ist immer noch viel Geld. Und der Mythos des Alpha-Manns wird immer mehr zum Big Business, wie das neue Männercamp auf Bali zeigt.

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