Food Waste, Neudeutsch für die Verschwendung von Lebensmitteln, bewegt die Schweiz. Massiv waren die Reaktionen zum Beispiel im letzten Jahr, als ein BLICK-Leser einen Abfallwagen voller guter Bananen fotografierte. Oder als Model Tamy Glauser (33) auf Twitter dies postete:
Dabei stecken die Grossverteiler in einem Zielkonflikt: Food Waste wollen sie auch nicht. Doch sie wollen ihren Kunden zu jeder Zeit genug frische Produkte anbieten. Was machen, wenn etwas davon bis Ladenschluss nicht verkauft wird?
Bisher mit Hilfswerken zusammengearbeitet
Einerseits arbeiten sowohl Migros wie auch Coop mit den Lebensmittel-Hilfe-Organisationen Tischlein deck dich und Schweizer Tafel zusammen. Andererseits kleben sie kurz vor Ladenschluss 50- und 25-Prozent-Kleberli auf die Artikel.
Jetzt haben sie einen Ansatz mit noch höheren Rabatten: Ab heute können Konsumenten für 5 Franken einen Sack mit Waren posten, die sonst in der Mülltonne landen würden. Der Gesamtwert der Artikel wäre im Normalverkauf mindestens 15 Franken. Macht einen Rabatt von 66 Prozent. Die Verfallsdaten der Billig-Produkte sind noch nicht überschritten.
Das Ganze ist für den Konsumenten aber nicht leicht. Erstens muss er erst die App «Too Good To Go» runterladen, die schweizweit Food Waste vermeiden will und schon mit zahlreichen Läden und Gastro-Betrieben zusammenarbeitet.
Vorbestellen und bezahlen via App
Zweitens läuft das Angebot bei Coop und Migros testweise erst in einer Handvoll Filialen. Konkret: in den Migros-Supermärkten Schweizerhof Luzern, Metalli Zug und Hitzkirch LU. Bei Coop sind es die Filialen der Vegi-Kette Karma im Bahnhof Zug und im Zürcher Letzipark.
Die dritte Schwierigkeit: Der Konsument muss sein Food-Waste-Säckli mindestens eine Stunde vor Ladenschluss in der App bestellen und bezahlen, dann in den letzten 30 Minuten vor Torschluss abholen. Dabei variieren die Öffnungszeiten je nach Filiale.
Keine Konkurrenz für die Hilfswerke
Gut fürs Gewissen: Coop schreibt, das Angebot konkurrenziere die Hilfswerke, mit denen man bisher zusammenarbeite, nicht. Die Frage ist wohl eher, wie stark das Angebot den normalen Verkauf konkurrenziert. Sollte dies nicht zu stark der Fall sein, könnte es grossflächiger ausgerollt werden.
Es ist übrigens kein Zufall, dass beide Grossverteiler heute mit dem Angebot starten: Seit Jahren gönnt der eine dem anderen nicht, eine neue Idee als Erster zu lancieren. Letztes Beispiel einer Neuerung zum gleichen Zeitpunkt: die Lancierung der Kochplattformen Fooby (Coop) und Migusto (Migros) Anfang 2017. (kst)