Comparis-Analyse prangert an
Mittelstand muss sich nach der Pensionierung finanziell einschränken

Ein gutes Salär garantiert nicht, dass man im Alter umbeschwert weiterleben kann. Gemäss einer Comparis-Analyse können Mittelständler nach der Pensionierung den bisherigen Lebensstandard nicht aufrechterhalten.
Publiziert: 02.08.2022 um 00:30 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2022 um 07:42 Uhr
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Rentnerinnen und Rentner aus der Mittelschicht können ihren Lebensstandard im Alter nicht aufrechterhalten.
Foto: KEYSTONE/DPA/STEPHAN SCHEUER

Auch ein guter Lohn garantiert nicht, dass man im Alter nicht plötzlich den Gürtel enger schnallen muss. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Schweizer Onlinevergleichsdienstes Comparis. Demnach können sich Frauen und Männer aus der Mittelschicht nach der Pensionierung nicht den gleichen Lebensstandard wie zuvor leisten – obwohl dies in der Bundesverfassung vorgeschrieben sei, so Comparis.

Schuld sei eine Fehlkalkulation bei der dritten Säule. Diese habe zur Folge, dass die Personen nicht genug Alterskapital aufbauen könnten, führt der Comparis-Vorsorgeexperte Leo Hug aus: «Der aktuelle, jährlich erlaubte Maximalbeitrag in der Säule 3a ist viel zu niedrig. Frauen sollten darum jährlich 12'400 Franken und Männer 10’100 Franken in die Säule 3a einzahlen können.»

Mittlere Einkommen werden diskriminiert

Das 3-Säulen-Vorsorgesystem diskriminiere folglich mittlere Einkommen. Betroffen davon sind Frauen mit einem Jahreslohn von mehr als 96'000 Franken und Männer mit einem Einkommen von über 105'000 Franken.

In dieser Einkommensklasse könne der gewohnte Lebensstandard im Alter allein mit AHV- und PK-Renten sowie den Mitteln aus der steuerlich begünstigten dritten Säule entgegen den Grundsätzen des Dreisäulenprinzips nicht aufrechterhalten werden. «Das gilt sogar, wenn analog zur AHV Männer während 44 Jahren beziehungsweise Frauen während 43 Jahren der maximal erlaubte Säule-3a-Betrag einbezahlt wird», warnt Leo Hug.

Ersparnisse von über 700'000 Franken nötig

Im Gegensatz zu höheren Löhnen besteht für den Mittelstand keine Möglichkeit, mit 1e-Vorsorgeplänen auf zusätzliche Weise steueroptimiert vorzusorgen. Das heisst, dass Vorsorgeeinrichtungen ihren Versicherten bei Gehältern über 129'060 Franken zusätzliche Vorsorgelösungen anbieten können, welche diese von den Steuern abziehen können.

Ein lediger Mann mit 129'060 Franken Einkommen – was einem Jahreslohn für mittlere Kader oder eine Fachperson entspricht – und der durchschnittlichen Lebenserwartung von 85 Jahren benötigt zum Zeitpunkt der Pensionierung neben den Renten aus AHV und Pensionskasse noch rund 717'500 Franken Erspartes.

Nur so könne er die nächsten 20 Jahre auf dem bisherigen Standard weiterführen. In die Säule 3a müsste er somit ab dem 20. Altersjahr bei einer Durchschnittsverzinsung von 2 Prozent etwas über 10'100 Franken pro Jahr einzahlen können. Zurzeit liegt der erlaubte Maximalbeitrag jedoch bei 6883 Franken pro Jahr.

«Frauen werden vom System massiv diskriminiert»

Noch schlechtere Karten haben erwerbstätige Frauen im mittleren Kader. Frauen werden im Durchschnitt 3 Jahre älter und gehen ein Jahr früher in Pension. Sie müssen also während 24 Jahren neben AHV und PK-Rente auf private Vorsorgegelder zurückgreifen können. Bei einem Einkommen von 129'060 Franken müssten sie gemäss der Comparis-Berechnung ab dem 20. Altersjahr bis zur Pensionierung jährlich etwa 12'400 Franken einzahlen.

Frauen müssten also 83 Prozent mehr als erlaubt in die Säule 3a einzahlen dürfen. «Frauen, die Karriere machen, sind die Stiefkinder der Schweizer Vorsorgepolitik. Bestenfalls schätzt man sie als Quellen für Quersubventionierungen der obligatorischen ersten Säule. Sie werden vom System massiv diskriminiert», kritisiert Hug. (smt)

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