Cargo-Lokführer ohne Pausenraum
Essen auf dem Abstellgleis

Wenn Cargo-Lokführer Pause machen, sind Restaurants noch nicht geöffnet. Aber Pausenräume und Kantinen werden geschlossen. Jetzt müssen die SBB den Güterzug-Fahrplan umschreiben.
Publiziert: 18.03.2016 um 08:34 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:20 Uhr
Cargo-Lokführer haben harte Schichten – und noch härtere Pausen.
Foto: Archiv
Vinzenz Greiner

Es ist 5.30 Uhr als Lokführer Urs Müller* wieder einmal seine verdiente Pause nicht nach Plan machen kann. Denn in Rothenburg LU, wo der 55-Jährige seinen Güterzug an jenem Tag abstellt, gibt es keinen Pausenraum, wo er sich sein Essen aufwärmen könnte. Eine SBB-Kantine? Fehlanzeige! Um was zwischen die Zähne zu bekommen, muss Müller ins 40 Kilometer entfernte Zofingen AG – dort haben immerhin schon Restaurants geöffnet.

Rothenburg ist kein Einzelfall. Auch an Bahn-Knotenpunkten wie Mellingen AG oder Schwarzenbach SG gibt es keine Räume für die Pause. Diese und die Kantinen bauen die SBB zusehends ab. Heute ist die «Milchchuchi» am Gotthard die einzige durchgehend geöffnete Eisenbahnerkantine. «Vor 20 Jahren gab es noch viele Kantinen – etwa in Basel und Bellinzona. Dann hat man zurückbuchstabiert», sagt Müller, der seit 1983 Loks fährt.

Einige essen schon im Führerstand

Das ist ein Problem für ihn und seine Kollegen, die die Güterzüge durchs Land fahren. Denn wenn sie Pause machen von ihren Nacht- und Frühschichten, brennt in den meisten Restaurants noch kein Licht. Die Selecta-Automaten an den Bahnhöfen sind häufig auch nicht ausreichend aufgefüllt. Den Lokführern vermiest das die Pause. Einige essen jetzt sogar an ihrem Arbeitsplatz: im Führerstand.

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«Verpflegen auf der Lok ist bei SBB Cargo offiziell nicht vorgesehen, und schon gar nicht für die Hauptmahlzeit in der Nachtschicht», erklärt Markus Fischer (49), Mediensprecher des Schweizerischen Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verbandes (SEV).

«Indirektes Sicherheitsrisiko»

Man habe Verständnis, dass die SBB Kantinen schlössen, die wegen Personalabbaus nicht mehr wirtschaftlich seien, sagt Fischer. Wenn aber Lokführer nicht mehr mit einer warmen Mahlzeit die Konzentration und Leistung hochhalten könnten, sei dies ein «indirektes Sicherheitsrisiko».

Wenn es nach dem SEV geht, soll es deshalb zumindest an grösseren Orten wieder Kantinen für SBB-Mitarbeiter geben. Seit zwei Jahren diskutieren die Gewerkschafter mit den SBB und der Personalkommission (Peko), in der Lokführer Müller sitzt. Das Ergebnis: Pause machen, wo es noch Räume oder Kantinen gibt, erklärt Müller. Damit das klappt, muss der Cargo-Fahrplan auf Sommer entsprechend umgeschrieben werden. So könnte es dazu kommen, dass Lokführer etwa früher halten, oder den Güterzug abstellen müssten, um dann mit einem regulären Personenzug zur nächsten Kantine zu fahren – und wieder zurück. Alternativ könnten auch Pausenräume geöffnet werden. Aber die würden laut Müller ja was kosten.

* Name von der Redaktion geändert

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