Das Thema polarisiert: Um einer gefürchtete Corona-Welle über die Festtage vorzubeugen, will die EU den Skibetrieb bis 10. Januar ganz aussetzen. Wintersportorten drohen massive wirtschaftliche Einbussen, ganz zu schweigen davon, dass ein hochbeliebtes Freizeitvergnügen im Winter gefährdet ist.
Die Schweiz sucht einen Mittelweg – und sei «der grosse Profiteur», ist im Ausland schon zu hören. Gesundheitsminister Alain Berset (48) hat vergangene Woche Gespräche mit betroffenen Kantonen und Bergbahnen aufgenommen. Nun hat Berset den Kantonen laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» am Montag einen umfassenden Verordnungsentwurf vorgelegt.
Planen für den Ernstfall
Laut dem Entwurf dürfte der Wintertourismus eine Sonderbehandlung geniessen, doch auf Bedenken der Bergbahnen wird nur teilweise eingegangen. Es kommt sehr zu viel mehr Bürokratie. Neu sollen Wintersportorte für den Betrieb etwa eine Bewilligung durch den Kanton einholen müssen.
Dies soll einen Betrieb verhindern helfen, wenn die epidemiologische Lage im betreffenden Gebiet nicht unter Kontrolle wäre oder wenn nicht genügend Spitalbetten zur Verfügung stehen würden, um neben Covid-19-Erkrankten auch Skiunfälle zu behandeln. Zudem müssen die Regionen umfassende Schutzkonzepte erarbeitet haben und über genügend Corona-Tests verfügen.
Arithmetik am Skilift
Für die grössten Kontroversen sorgt die unter die Schutzkonzepte fallende, verlangte Regelung zu beschränkten Besucherzahlen. Demnach offeriere Berset zwei Varianten: Entweder lassen die Skigebiete höchstens zwei Drittel der Anzahl Gäste des bestbesuchten Tages der vorangehenden Wintersaison zu – oder die Gästezahl wird auf 80 Prozent des Durchschnitts der Weihnachtsfeiertage in den letzten fünf Jahren begrenzt.
Dies setzt voraus, dass die einzelnen Bergbahnen laufend komplizierte Hochrechnungen zu führen haben, wann die Maximalgrenze erreicht ist und ab welchem Punkt Besucher vor die Tür gesetzt gehören. Und was passiert mit Gästen, die sich noch auf dem Weg an den Skiort befinden?
Dabei dürfte der zweite Berset-Vorschlag zu einer geringeren Verknappung von Gästen in den einzelnen Destinationen führen. In dieser Berechnungsgrundlage sind auch Zahlen von Saisons eingerechnet, in denen wenig Schnee lag und schlechtes Wetter herrschte.
Und wer nur schnell auf die Toilette muss?
Als Pluspunkt dürften viele Gäste schätzen, dass Seilbahnen mit Stehplätzen nur zu zwei Dritteln ausgelastet werden dürfen – was von etlichen Bergbahnen bereits freiwillig umgesetzt wird. Und auch beim Anstehen am Lift sollen, neben Maskenpflicht, Abstandsregeln gelten.
Um weniger Gäste werden die betroffenen Bergregionen wohl nicht umhinkommen. Doch wer nur ein bisschen Erfahrung mit Skifahren hat weiss, wie schwierig solche Schutzkonzepte an Liften umzusetzen sind. Da herrscht meistens Gedränge, Platzverhältnisse sind eng. Abstandhalten am Skilift wird von Skifahrern sehr viel Disziplin erfordern – oder strikte Überwachung durch Personal.
Auch in Restaurants herrscht fortan ein anderes Regime. Eintreten sollen Gäste nur dürfen, wenn ein Tisch frei ist. Sich schnell einen Snack oder ein Getränk holen: Das wird nur gehen, wenn es entweder genügend Platz gibt oder die Restaurants auch im Freien Bestellmöglichkeiten anbieten. Ganz zu schweigen von der Herausforderung, nur rasch auf die Toilette gehen zu wollen. Nach Rückmeldungen der Kantone will der Bundesrat offenbar am Freitag definitiv über Einschränkungen für den Wintersport entscheiden. (kes)