Medien weltweit haben sich schon mehrfach kritisch über die kommende Fussball-Weltmeisterschaft in Katar geäussert. Wie kann Katar diesem Umstand publizistisch entgegentreten? Die Lösung findet sich auf der offiziellen katarischen Website zur Fussball-WM: Dort steht, dass ein «Fan Leader Network» eine Schlüsselrolle bei der Promotion der WM in Katar einnehmen soll.
Dieses Netzwerk besteht aus 400 Fans und Influencern aus 60 Ländern. Diese erstellen in sozialen Medien Inhalte und verbreiten Botschaften. Im Gegenzug werden sie an die Spiele und Events der WM eingeladen und können Persönlichkeiten aus der Fussballwelt treffen. Dazu zählt etwa der frühere Weltklassespieler David Beckham (47).
«Fans» müssen Verhaltenskodex unterzeichnen
Was nicht so laut gesagt wird: Es handelt sich hier um ein Geben und Nehmen. Sprich: Wer eingeladen wird, muss zwingend Positives schreiben und posten. Mehr noch: Negative Kommentare und Berichte anderer sind zu melden.
Dieser Sachverhalt wurde von der für alle WM-Angelegenheiten verantwortlichen katarischen Behörde, dem Obersten Rat für Sicherheit und Nachhaltigkeit, gegenüber dem niederländischen Portal «NOS» bestätigt. Eingeladene Fangruppen aus den Niederlanden, Belgien oder Frankreich (und wohl weiteren Ländern) mussten als Gegenleistung für die Einladung einen Verhaltenskodex unterzeichnen. Darin werden sie aufgefordert, ausschliesslich positive Kommentare zur WM zu veröffentlichen und gleichzeitig «beleidigende oder herabsetzende Kommentare» anderer zu melden – vorzugsweise mitsamt Screenshots und Namen.
Die WM als Image-Verbesserer
Das hat nichts mit herkömmlicher Sportvermarktung zu tun, sondern geht in Richtung Sports Washing: Mit enthusiastischen Posts von – vermeintlich – herkömmlichen Fans wird versucht, das eigene Image zu verbessern. In diesem Fall wird sogar probiert, Fans als Spitzel zu rekrutieren. Ähnliches wurde zuletzt im Rahmen der Fussball-WM 1978 gesehen, als die argentinische Junta das Image des Landes mittels der WM aufpolierte.
Es ist aber das erste Mal, dass ein veranstaltendes Land für Reise und Unterkunft von herkömmlichen Fans zahlt. Der Oberste Rat erklärte zwar, dass von den Fans nicht erwartet wird, dass sie ein «Sprachrohr» für Katar sind. Aber es sei auch «nicht angebracht», dass geladene Gäste den Gastgeber oder die Fifa verunglimpfen. (rae)