Wissen Sie noch, wo Sie waren, als die Flieger der Swissair Anfang Oktober 2001 nicht mehr abhoben? Ich war 18 Jahre alt und arbeitete am Flughafen. Ich absolvierte meine kaufmännische Lehre bei der Fluggesellschaft. Bei der Swissair zu arbeiten, das war kein Job! Das war mein Leben!
Wir Lehrlinge waren eine eingeschworene Gruppe. Uns alle verband die Faszination für die Fliegerei. Für die einen waren es die Flugzeuge, diese schwerelosen Riesen. Für mich war es die Atmosphäre am Flughafen. Diese internationale Durchmischung von Leuten, die jeden Tag durch die Hallen huschten. Die Aufbruchstimmung. Sie war ansteckend. Der Flughafen, das war der Beginn einer Reise. Ausgang offen.
«Ich bewunderte Tschanz»
Und dann war da noch Beatrice Tschanz (77). Ehemalige Blick-Journalistin und Kommunikationsspezialistin. Ende 1998 wurde sie als Stimme der Swissair landesweit bekannt. Als sie nach dem Absturz der SR 111 in Halifax mit den Medien sprach, zeigte sie nicht nur Kompetenz, sondern auch Mitgefühl. Immer wieder kämpfte sie mit den Tränen.
Ihr Auftritt hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich bewunderte Tschanz. Sie war ein weibliches Vorbild, zu einer Zeit, in der Frauen in den Chef-Etagen kaum vertreten waren.
Wer wie ich eine Ausbildung bei der Fluggesellschaft antrat, wollte hier nicht nur seine Lehre abschliessen. Wir planten unsere berufliche Karriere bei der Swissair. Ich hatte grosse Träume: Nach der Lehre wollte ich ein paar Jahre als Flight-Attendant den Globus bereisen. Danach würde ich studieren – und nebenbei weiterhin als Flight-Attendant durch die Welt jetten.
Lehrlinge plötzlich auf der Strasse
Das Leben hatte andere Pläne. Mit dem Grounding standen auch wir Lehrlinge plötzlich auf der Strasse. Ich war am Boden zerstört. Wie weiter? Tschanz hatte die Swissair kurz vor dem Konkurs verlassen. Ich weiss noch, wie ich mich fragte, wie sie uns durch die Krise geführt hätte. Sie hätte die richtigen Worte gefunden. Trost gespendet. Ich glaube, damals realisierte ich, was für ein mächtiges Werkzeug die Sprache sein kann.
Es sollte noch einige Jahre dauern, doch irgendwann wurde meine Liebe für die Fliegerei von einer Faszination für Medien abgelöst. Und ich beschloss: Als Flight-Attendant durch die Welt zu jetten – das war nicht meine Bestimmung. Viel lieber wollte ich über die wichtigen Geschehnisse der Welt berichten. Und wurde Journalistin.