Viele haben es selber schon per eingeschriebenen Brief von der Hausverwaltung erfahren. Andere merken es, wenn sie eine neue Wohnung suchen: Die Mieten steigen. Sie steigen sowohl bei den vermieteten Wohnungen wie auch bei den freien. Bei der ersten Kategorie, den sogenannten Bestandsmieten, ist die Erhöhung des Referenzzinssatzes der Treiber. Im freien Markt, bei den Angebotsmieten, ist es wiederum das knappe Angebot, das die Mieten nach oben treibt.
Denn schweizweit sind immer weniger Wohnungen frei und erhältlich. Das wird Anfang nächste Woche wieder deutlich, wenn das Bundesamt für Statistik die Zahlen zur jährlichen Leerstandszählung von Anfang Juni veröffentlicht.
Das Ergebnis lässt sich bereits vorwegnehmen: Die Anzahl der schweizweit freien und zur Miete ausgeschriebenen Wohnungen und Häuser sinkt 2023 das dritte Mal in Folge. Die Frage ist bloss, um wie viel. Auf rund 1,1 Prozent schätzt die UBS die Leerstandsziffer. «Knapp» über 1 Prozent, so lautet die Prognose des Immobiliendienstleisters Wüest Partner. Letztes Jahr betrug die Quote noch 1,31 Prozent.
«Das Mietwohnungsangebot sank im Jahresverlauf in fast allen Landesteilen, besonders deutlich in den Regionen Zürich und der Zentralschweiz. Wohnungsangebot und -nachfrage klaffen immer stärker auseinander. Die Bevölkerung wächst schweizweit, und gleichzeitig stockt der Bau neuer Wohnungen», sagt UBS-Immobilienexperte Maciej Skoczek.
Besonders klein ist das Angebot beispielsweise in der Stadt Zürich: Lediglich 144 Wohnungen waren dort Mitte Jahr leer und zur Miete ausgeschrieben. Zwar ist der Leerstand seit jeher in der Stadt sehr tief, und die Quote ist auch nicht so aussagekräftig, weil viele Wohnungen, deren Mieter wechseln, gar nie leer stehen. Deshalb erscheinen sie auch nicht in der Statistik.
Doch die Situation hat sich gleichwohl zugespitzt. «Wer heute im Grossraum Zürich eine Wohnung sucht, muss flexibel sein und unter Umständen auch ausserhalb der Stadt suchen», sagt Maciej Skoczek. «Im Thurgau, in Schaffhausen oder im Zürcher Oberland liegen die Leerstandszahlen um einiges höher.»
Vor kurzem war der Markt noch im Lot
Eine Leerstandsziffer von rund 1,1 Prozent deutet auf eine Schieflage hin: Angebot und Nachfrage sind nicht mehr im Gleichgewicht. Es buhlen so viele Mieterinnen und Mieter um die gleichen Wohnungen, dass die Mieten durch diese Knappheit steigen. Bei einem Wert von 1,27 Prozent ist der Markt nach Berechnung von Wüest Partner im Lot. Liegt die Quote deutlich darüber, sollten die Mieten freier Wohnungen sinken, liegt sie deutlich darunter, steigen sie tendenziell.
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2022 war die Situation über das ganze Land betrachtet noch ausgeglichen, der Leerstand betrug 1,31 Prozent. Und erst 2020 hatten die Statistikerinnen und Statistiker des Bundes einen neuen Rekord beim Leerstand verkündet: Stolze 1,8 Prozent hoch notierte damals das Barometer. Tausende Wohnungen standen schweizweit leer.
Aus dem Überfluss ist ein Mangel geworden. Eine Wohnungsnot, das Schreckensszenario aus den 1980er-Jahren, scheint nicht mehr undenkbar. Sie auszurufen, ist dennoch verfrüht: Vor 35 Jahren lag der Leerstand bei etwa 0,5 Prozent.