Vor einer Woche sorgte der BLICK-Bericht über den Ärger des arbeitslosen Christian Schaub (53) über die Basler Behörden für Aufsehen. Sie hatten ihn zu einem Info-Anlass am 16. Mai eingeladen. Titel der Veranstaltung: «Wohnen in der Schweiz – Arbeiten als GrenzgängerIn in Deutschland.»
Doch Schaub wollte sich nicht nach Deutschland zur Arbeitssuche abschieben lassen. Er besuchte gestern die Veranstaltung im RAV Basel nicht. Der Anlass war mit 37 Interessierten dennoch gut frequentiert. Das seien mehr als bei anderen vergleichbaren Informationsanlässen, so Nicole Hostettler (43), Leiterin des Amts für Wirtschaft und Arbeit, zu BLICK. «Dies zeigt, dass die Möglichkeit, in Deutschland zu arbeiten, grundsätzlich interessiert.»
Ganz neutral
Die Grundlagen zum Arbeiten in Deutschland erklären dann die Berater von Eures, dem europäischen Netzwerk für die grenzüberschreitende Mobilität, aus den Kantonen Basel und Aargau und aus Lörrach (D). Sie wollen «neutral informieren, Möglichkeiten aufzeigen und einen Denkanstoss geben». Nichts sei zwingend, betonen sie auffallend oft.
Beruhigt ist jetzt auch Peter Gerlach (64). «Meine erste Reaktion auf die Einladung per E-Mail war: Jetzt wollen die mich abschieben», sagt der arbeitslose Car-Chauffeur nach dem Anlass zu BLICK. Gerlach hält sich die Option Deutschland offen. Vor allem aus einem Grund, wie er lachend zugibt: «Deutschland hat einfach das bessere Krankenkassensystem.»
Lohndifferenz zu gross
Auch Katharina F.* (49) würde ennet der Grenze arbeiten. Seit über zwei Jahren sucht die HR-Sachbearbeiterin eine Stelle. Jetzt will sie sich über die Eures-Webseite und die Berater weiter informieren. Und ihren Jobsuchradius ausweiten. «Wenn mir die Schweiz nicht hilft, dann suche ich mein Glück im Ausland.»
Der Knackpunkt dürfte für viele aber die grosse Lohndifferenz sein. «Hier würde ich 6200 Franken brutto verdienen, in Deutschland nur 2500 Euro – wie soll ich so mein Leben in der Schweiz finanzieren?», fragt Andy P.* (39) in der Fragerunde.
Arbeitgeber müssen umdenken bei Ü50
Sibylle Schluchter (53) wäre fast nicht zur Informationveranstaltung gekommen. Aus Sorge vor Wutbürgern, nicht weil sie das Angebot schlecht findet. «Es ist sehr lobenswert des RAVs Basel, Arbeitssuchende über Job-Möglichkeiten im Ausland aufzuklären.» Sie wünscht sich noch mehr Aktivitäten für den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt. Die SAP-Beraterin würde gerne als Selbständige in Deutschland arbeiten. «Ich bin bereit für eine Grenzerfahrung.»
Kritisch beurteilt Schluchter dagegen, was die Mitte Woche angekündigten neuen Jobsicherheitsmassnahmen des Bundesrats betrifft. «Es gibt ja heute schon zahlreiche Massnahmen, auch für Ü50. Das Problem ist nur, dass viele diese nicht kennen.» Zudem seien sie häufig kompliziert und nur in speziellen Fällen anwendbar. Neue Massnahmen seien schön und gut. «Viel wichtiger ist aber, dass die Arbeitgeber endlich umdenken», fordert Schluchter.
* Name geändert