Bank in der Kritik
Postfinance hortet 1,35 Millionen Stimmproben

Postfinance nimmt standardisiert Stimmproben ihrer Kundschaft auf. Damit wird die Personenidentifizierung vereinfacht. Es gibt aber auch Bedenken.
Publiziert: 16.07.2023 um 11:51 Uhr
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Wer sich bei Postfinance nicht über Spracherkennung anmelden will, muss das schriftlich festhalten.
Foto: Postfinance
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Postfinance verfügt über 1,35 Millionen Stimmproben. Mit diesen identifiziert sie Kundinnen und Kunden. Denn die Stimme jedes Menschen ist individuell, etwa hinsichtlich Sprechtempo, Frequenz und Lautstärke.

Postfinance ist nicht das einzige Bankinstitut, das auf Stimmerkennung setzt. Auch die Migros Bank oder die Bank Cler wenden diese Technologie an, wie Blick geschrieben hat. Dennoch steht der gelbe Riese nun in der Kritik. Zum einen, weil nach der Einführung 2018 zu einem nicht genannten Zeitpunkt ein «opt out» eingeführt wurde, wie «Le Matin Dimanche» meldet.

Das heisst: Wer keine Stimmprobe abgeben will, muss das schriftlich oder über das Onlineportal der Postfinance festhalten. Ansonsten wird bei jedem Anruf ins Servicecenter wieder nach der Abgabe einer Stimmerkennung gefragt.

Bedenken zur Datensicherheit

Für Mia Gujer von der Organisation Digitale Gesellschaft gibt es zahlreiche Bedenken. «Es ist theoretisch möglich, einen Identitätsdiebstahl zu begehen, das Schadenspotenzial ist beträchtlich.»

Zudem kritisiert sie, dass die Software vom israelischen Unternehmen Nice stammt. «Nice hat seine Wurzeln in der militärischen Überwachung», sagt Gujer. Es sei bekannt, dass mit dieser Software das Postpersonal überwacht wurde. Das Unternehmen sei schon oft wegen Sicherheitsbedenken im medialen Fokus gestanden.

Gemäss Gujer sei eine Stimmprobe mit einem Fingerabdruck vergleichbar und gebe mehr Informationen preis, als die meisten annehmen: «Damit ist es möglich, eine Person in anderen Zusammenhängen zu überwachen.»

Postfinance sieht kein Problem

Postfinance sei sich der Risiken bewusst, erklärt deren Sprecher Rinaldo Tibolla. Bislang habe man keine Kenntnis über Missbrauchsfälle bei den Stimmproben. Dazu seien alle Vorsichtsmassnahmen getroffen worden.

Er legt Wert darauf, dass Postfinance die Stimmproben ausschliesslich zur Kundenidentifizierung nutzt. Der Inhalt der Aussagen werde nicht verwertet, lediglich codierte Charakteristika der Aussprache. Die Aussagen zur israelischen Firma werden nicht kommentiert.

Mit dieser arbeitete übrigens auch Swisscom von 2016 bis 2019 zusammen. Abgebrochen wurde die Zusammenarbeit aber nicht wegen Sicherheitsbedenken, sondern aus finanziellen Überlegungen. Die Swisscom habe inzwischen alle Stimmproben vernichtet.

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