Ausverkauf bei der Industrie-Ikone
Hunderte ABB-Mitarbeiter müssen um ihren Job bangen

Es weht ein neuer Wind im Industriekonzern ABB. CEO Björn Rosengren prüft jeden einzelnen Geschäftsbereich. Für die Mitarbeiter beutetet das: Der Druck steigt an.
Publiziert: 19.11.2020 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 01.01.2021 um 12:36 Uhr
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Der neue Chef bei dem Schweizer Industriekonzern ABB greift durch. Die Strukturen sollen noch übersichtlicher und kompakter werden. Ausserdem werden Divisionen verkauft, die nicht mehr in die neue Strategie passen.
Foto: PD
Franziska Scheven

Es rumort in den Schweizer Werken des Industriekonzerns ABB. Der neue CEO Björn Rosengren (61) will drei von nun insgesamt 20 Divisionen aus dem Portfolio streichen: Turbocharging, Mechanical Power Transmission, Power Conversion stehen auf der Abschussliste. Das geht aus einer Medienmitteilung vor dem heutigen Investorentag hervor.

Das bedeutet: Allein in der Schweiz sind 800 Mitarbeiter betroffen, wissen nicht, wie ihre Zukunft aussehen wird. Sie arbeiten im ABB Werk in Baden, wo die Turbocharging Division sitzt. «Hier soll eine Perle der Schweizer Industrie weiter filetiert werden», sagt Manuel Wyss (39), der bei der Gewerkschaft Unia für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) zuständig ist. «Dabei geht es nur darum, die Raffgier der Investoren zu bedienen.»

Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel

Allein der Bereich Turbocharging generiert einen jährlichen Umsatz von 800 Millionen Franken. Insgesamt machen die drei Divisionen 1,75 Milliarden Dollar oder knapp sechs Prozent des jährlichen Konzernumsatzes aus. «Hier geht es um wertvolle Arbeitsplätze mit grossen Know-how und Tradition.»

Ein ABB-Pressesprecher stellt klar: Ein Verkauf ist nicht die einzige Option. «Es kann auch zu einem Spin-off an der Börse kommen», sagt er gegenüber BLICK. Im Bereich «Turbocharging» werden Lösungen entwickelt, die Verbrennungsmotoren effizienter machen.

Alle Divisionen auf dem Prüfstand

Schon im Juni gab Rosengren, der Anfang des Jahres als neuer CEO bei ABB anfing, bekannt: Flexible und einfache Strukturen sollen in Zukunft das Unternehmen bestimmen. «Insgesamt geht es darum, besser zu überblicken, welcher Bereich für alle Interessensgruppen des Unternehmens noch Wert schafft,» sagt ein Analyst gegenüber BLICK.

Die drei Divisionen passten nicht mehr zu der Strategie «ABB Way», die Rosengren ins Leben gerufen hat. «Unser Ziel ist es, die beste wertsteigernde Lösung für ABB und die Divisionen zu finden», sagt Rosengren. «Wir werden die übrigen Portfolios weiter im Rahmen der ‹ABB Way› Strategie überprüfen.» Ziel ist es ausserdem: In allen Divisionen muss die Digitalisierung vorangetrieben werden.

Goldene Abgangsentschädigungen

Es geht ans Eingemachte: ABB will den Umsatz um einige hundert Millionen Franken verbessern. Bei einem Gesamtumsatz von knapp 30 Milliarden Dollar soll das Unternehmen drei bis fünf Prozent im Jahr wachsen. Doch bevor ABB wächst, wird erst mal verkleinert, einzelne Divisionen ins Schaufenster gestellt.

Für die Mitarbeiter bedeutet das vor allem eins: grosse Unsicherheit. Nicht nur in den Werken. Auch im Bereich Management zittert man. Hier läuft der Abgang aber meist in «vergoldeter Form» ab.

«Aufgrund der Informationen, die uns über ABB vorliegen, werden im Management einige Mitarbeiter zum Gehen gedrängt», sagt Manuel Wyss (39), der bei der Gewerkschaft Unia für die MEM-Industrie zuständig ist.

«Das passiert ohne offizielle Ankündigung», erklärt er. «Der Arbeitgeber verhandelt individuell mit den Mitarbeitern über mehr oder weniger goldenen Abgangsentschädigungen. Damit ist dann auch eine gewisse Verschwiegenheit mit eingekauft».

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