Der Unmut ist gross! Heute Mittwochmorgen demonstrierten nach Angaben der Gewerkschaft Syndicom rund 150 Postauto-Chauffeure und Sympathisanten vor dem jurassischen Parlament. Die Wut richtet sich gegen die Ausschreibungspraxis der jurassischen Regierung. Sie hat in der Ausschreibung der Buslinien auf verbindliche Kriterien zum Schutz der Arbeitsbedingungen verzichtet. Unternehmen, die die Ausschreibungen gewinnen, sind weder verpflichtet das Personal zu übernehmen, noch die gleichen Arbeitsbedingungen anzubieten.
Die Postauto-Chauffeure und Angestellte von Chemins de fer du Jura befürchten deshalb, dass sie am Ende die Zeche für die Einsparungen im Service public zahlen müssen. «Trotz einer Petition mit 4000 Unterschriften und einer vom jurassischen Parlament angenommenen Motion möchte die jurassische Regierung die Chauffeure nicht schützen», sagt Gewerkschafterin Sheila Winkler. Die Regierung verweise einzig auf die Richtlinie des Bundesamtes für Verkehr (BAV). «Aber dort wird allein ein Mindestlohn definiert, der weit unter den tatsächlichen Löhnen der Chauffeure liegt», so Winkler.
Keine Gewinne erlaubt
Gleichzeitig fürchten die Chauffeure, dass ausländische Unternehmen Gewinnmaximierung dem Service public vorziehen. Kürzlich wurde bekannt, dass RATP, ein französisches Verkehrsunternehmen, an den Ausschreibungen teilnimmt. Mehr noch: Laut Medienberichten nimmt es RATP nicht immer so genau mit den Sicherheitsstandards. Im November wurde publik, dass RATP-Busse, die in Paris verkehren, mit schlechtem Reifenmaterial und nur notdürftig repariert unterwegs waren.
«Wir erwarten von der Regierung, dass sie bei der Auswahl des zukünftigen Unternehmens die notwendige Sensibilität zeigt. Sie darf die Chauffeure und damit ihre eigenen Bürger nicht opfern», sagte Jean Pierre Etique, Sekretär der Gewerkschaft des Verkehrspersonals. Für die Gewerkschaften ist es unverständlich, dass sich gewinnorientierte Unternehmen für einen Markt interessieren, in dem Gewinne nicht erlaubt sind.
Schweizer Unternehmen im Ausland
Was passieren kann, wenn ausländische Unternehmen an Ausschreibungen von Buslinien teilnehmen, zeigte sich im Zuge des Subventionsskandals bei Postauto. Drei Konkurrenten warfen Carpostal France unlauteren Wettbewerb vor. Die Postauto-Tochter hatte in ihrer 14-jährigen Tätigkeit in der Region Lyon viele von der öffentlichen Hand ausgeschriebene Buslinien nur dank Dumping-Angeboten erhalten. Das Mutterhaus in der Schweiz glich die Verluste aus. Carpostal beendete den Rechtsstreit mit einem Vergleich. Kosten: 6,2 Millionen Franken.