Amor schlägt zu, wann und wo es ihm passt – gerne auch im Büro, wie zahllose Umfragen belegen. Daran gibt es nichts auszusetzen. Liebe ist grundsätzlich auch am Arbeitsplatz Privatsache und geht niemanden etwas an. Heikel wird es jedoch, wenn die Verliebten in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.
So geschehen bei der Migros Bank auf höchster Stufe: Manuel Kunzelmann (47), seit Mai 2020 CEO, verliebte sich in seine persönliche Assistentin. Die beiden gingen eine Beziehung ein – und nun verlässt die Frau das Unternehmen, wie das Finanzportal «Inside Paradeplatz» diese Woche berichtete.
Das Paar entschied gemeinsam
Gegenüber SonntagsBlick bestätigt ein Sprecher der Migros Bank den Sachverhalt, betont aber: «Aufgrund ihrer Aufgaben ergab sich zu keinem Zeitpunkt ein Interessenkonflikt oder ein Verstoss gegen die Migros-Richtlinien.»
Dass die Frau das Unternehmen trotzdem verlässt, begründet der Sprecher so: «Den beiden ist bewusst, dass eine private Beziehung im geschäftlichen Umfeld umstritten sein kann. Sie haben deshalb bereits vor einigen Wochen gemeinsam entschieden, getrennte berufliche Wege einzuschlagen.»
Die Geschichte wirft eine Grundsatzfrage auf: Wann wird Liebe am Arbeitsplatz zum Problem?
Rechtlich zwar zulässig, aber mit Folgen?
Roger Rudolph (52), Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich, hat sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt und gar eine Abhandlung mit dem passenden Titel «Amor at Work» verfasst. Er sagt: «Eine Beziehung zwischen CEO und Mitarbeiterin ist rechtlich zweifellos zulässig. Die Frage ist aber, was sich daraus für rechtliche Folgen ergeben.»
Je nach Konstellation müssten die Beteiligten den Arbeitgeber von sich aus über die Beziehung informieren. «In klaren Abhängigkeitsverhältnissen, wenn die beiden Betroffenen zum Beispiel gemeinsam Verträge unterzeichnen, sowie bei hochrangigen oder exponierten Kaderpersonen ist nicht nur eine Auskunftspflicht auf Befragen, sondern auch eine spontane Mitteilungspflicht zu bejahen», so Rudolph.
Interessenkonflikte verhindern
In solchen Fällen sei eine Beziehung keine reine Privatsache mehr – und die Arbeitgeberin sei berechtigt, Weisungen zu erlassen, um Interessenkonflikte zu verhindern. Möglich sei die Vorgabe bestimmter Verhaltensanweisungen, zum Beispiel ein Verbot von wahrnehmbaren Zärtlichkeiten am Arbeitsplatz oder ein Gebot zur strikten Gleichbehandlung aller Teammitglieder. Denkbar sei auch eine Neuverteilung der Arbeit oder eine Anpassung der Hierarchieverhältnisse.
Im Fall der Migros Bank erübrigen sich solche Vorgaben. Die CEO-Assistentin wird das Unternehmen Mitte September verlassen. Ein Sprecher versichert jedoch: «Privat bleiben die beiden weiterhin liiert.»