Telefonieren und SMS verschicken. Dafür reicht das aus heutiger Sicht fürchterlich langsame 2G-Netz noch. Mit dem Jahreswechsel naht nun dessen Abschaltung. Anfang 2021 zieht Swisscom als erste Telekomfirma dem 2G-Netz den Stecker. Tschau, Natel! Kunden mit ganz alten Handymodellen haben das Nachsehen. Zehntausende sind betroffen.
Auch andere Telekom-Anbieter bauen die veraltete Technologie nach und nach ab. Wie geht es nun weiter für Personen mit 2G-Handys oder mit Geräten, die über 2G-Daten mit anderen Maschinen austauschen (M2M-Geräte)?
«Seit drei Jahren informieren wir unsere Kunden, dass die Technologie nur noch bis Ende 2020 unterstützt wird», sagt Esther Hüsler, Sprecherin der Swisscom. Nur noch fünf Prozent der Geräte seien nur 2G-fähig. Handykunden hätten ein spezielles Angebot für ein neues Telefon erhalten. Kunden mit M2M-Lösungen müssten sich allerdings an den Lieferanten wenden, heisst es weiter.
Neue Alarmanlage nötig
Einer der Betroffenen ist Markus Brügger (66). Die Zentrale seiner Hausalarmanlage war bisher mit einer SIM-Karte der Swisscom ausgestattet. Schon bald funktioniert diese nicht mehr. Geld für eine neue will er nicht in die Hand nehmen, aus ökologischer Sicht will er das Gerät auch nicht wegwerfen. «Eine neue Anlage würde mich 5000 Franken kosten», ärgert er sich. Damit er die Alarmanlage noch etwas länger verwenden kann, hat Brügger nun eine Prepaid-Karte von Anbieter Sunrise eingesetzt. «Ich hoffe, dass Sunrise das Netz noch länger aufrechterhält», sagt er zu BLICK.
Sunrise hat allerdings andere Pläne. «Alle Sunrise-Kunden können 2G noch bis mindestens Ende 2022 weiternutzen», sagt Sunrise-Sprecherin Séverine de Rougemont. Das gelte für Handys und M2M-Geräte wie Brüggers Alarmanlage.
Anfang 2021 funktioniert die 2G-Technologie auch für Kunden von UPC, Coop Mobile, M-Budget Mobile und Wingo nicht mehr. Auf der Redaktion haben sich zahlreiche User aus der BLICK-Community gemeldet, die nun ihr Handy nicht mehr verwenden können. Einer davon ist Pierre Schehrer (80). «Nach nur drei Jahren muss ich mir ein neues Handy kaufen. Ein teureres», sagt der Senior.
Schwierigkeiten beim Wechsel
Beim Telekomanbieter Salt schätzt man, dass nur «sehr wenige Salt-Kunden betroffen sind». Laut Sprecherin Viola Lebel begann die Firma schon vor Jahren mit der Abstellung. Im Sommer 2020 setzte sie die Deaktivierung weitgehend um. Jetzt ist 2G nur noch in Gegenden aktiv, in der keine andere Technologie verfügbar ist. Salt habe den Kunden ein Angebot ab 39.95 Franken für ein neues Handy gemacht, so Lebel. «Ein neues Abo brauchen sie dafür allerdings nicht.»
Egal, ob neues Abo oder nicht. Beate Kohler* hat vor allem Mühe mit der Bedienung der «neumodischen» Geräte: «Mir wird ein Wechsel aufgezwungen. Ich muss jetzt ein neues Gerät erlernen, das mich überhaupt nicht interessiert.» Einen Kurs für das neue Telefon würde sie mindestens 180 Franken kosten. «Ich bin schwer enttäuscht», sagt die ältere Dame.
Heizungen nicht mehr steuerbar
Es sind aber nicht nur Handys betroffen. Auch ältere Navigationsgeräte funktionieren nicht mehr. Nach dem Jahreswechsel werden keine aktuellen Verkehrsinformationen mehr angezeigt. Leser Romano Florin (69) muss bei seiner Heizung die Steuerung auswechseln, da sie auf 2G beruht.
Das E-Bike von BLICK-Leser Jan Grosjean (17) überträgt auch Daten mit 2G. So wird jeweils die Position übermittelt. Auch Einstellungen wie Leistungsparameter und Geschwindigkeit können so eingestellt werden. «Ich muss mich umorientieren», sagt er.
* Name von der Redaktion geändert