Künstliche Intelligenz verändert bereits unsere Arbeitswelt, und wird es noch viel mehr tun, als wir uns das heute vorstellen können. Neue, digitale Tools sollen den physischen Alltag erleichtern. Verschwinden werden Anwendungen wie ChatGTP wohl nicht mehr so schnell, obwohl es vielerorts Vorbehalte und Berührungsängste gibt.
Nun ist auch Snapchat auf den KI-Zug aufgesprungen. Die besonders bei den Jungen beliebte App erlaubt, Freunden Bilder und Chatnachrichten zu schicken, die nach dem Anschauen gleich wieder verschwinden. Neuerdings können Nutzerinnen und Nutzer auch mit einem Chatbot sprechen, der sich «My AI» nennt.
Was soll ich meiner Freundin schenken?
Der Chatbot basiert auf ChatGTP und beantwortet den Snapchat-Nutzern Fragen aller Art. Gemäss dem US-Unternehmen kann der Chat-Roboter einen Wandertag planen oder helfen, ein Geschenk für die beste Freundin zu finden. Nutzerinnen können ihm auch einen Namen geben und das Aussehen des Avatars nach Belieben anpassen.
Zuerst gab es My AI nur für Abonnenten von Snapchat+. Nun ist der Chat-Roboter aber kostenlos verfügbar und wurde im Mai auch in der Schweiz ausgerollt.
Genau wie ChatGPT kann My AI ganze Texte schreiben – und kann somit für Hausaufgaben genutzt werden. Die Ansprüche sind hoch. Eine Userin äussert sich auf Tiktok enttäuscht, dass der Chatbot My AI zwar ihren Vortrag schreibt, aber nicht auch gleich noch die Power-Point-Präsentation ausspuckt.
Chatbot lässt sich nicht löschen
In den sozialen Medien gibt es viele skeptische Stimmen. Ein grosser Kritikpunkt: Man kommt an My AI nicht mehr vorbei. Der Chatbot erscheint immer zuoberst bei den Nachrichten von Snapchat – auch wenn man diesen gar nicht benutzt. Er lässt sich auch nicht löschen. Nur Abonnentinnen von Snapchat+ können den Bot wieder loswerden. In der Schweiz kostet das Abo pro Monat 2.50 Franken.
Auf Twitter und Tiktok fragen sich viele, was der Bot denn überhaupt genau kann. Schickt man dem Bot ein Bild, kann dieser darauf reagieren und sieht offenbar, was darauf ist. Fragt man aber nach, verneint dieser, dass er Bilder sehen kann. Auch sonst kursieren viele fragwürdige Antworten von My AI: So hat sich ein erwachsener Journalist der Washington Post als 15-Jähriger ausgegeben. Der Bot soll ihm Tipps gegeben haben, wie er den Geruch von Alkohol und Marihuana überdecken kann. Einer vermeintlichen 13-Jährigen hat der Chatbot kurzerhand Ratschläge für das erste Mal Sex gegeben – mit einem Partner, der 31 Jahre alt ist. Solche Informationen alarmieren vor allem die Eltern.
Auf der Website warnt Snapchat, dass My AI voreingenommene, falsche, schädliche oder irreführende Inhalte enthalten kann. Man arbeite aber laufend daran. Snapchat habe zudem zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen eingebaut.
KI hat auch Chancen
Snapchat nutzen vor allem Teenager, junge Erwachsene, aber auch Kinder. Für viele von ihnen ist die digitale Welt ihre Realität. «Es ist wichtig, dass Jugendliche früh Medienkompetenz lernen», sagt Lulzana Musliu, Sprecherin von Pro Juventute. Das NGO bietet sowohl für Eltern als auch für Kinder und Jugendliche Medienkompetenzförderung an.
Gerade Jugendliche sind sehr auf Trends fokussiert – und haben den neuen Chatbot deshalb wohl bereits entdeckt. «Die Eltern sollen das Thema nicht immer gleich verteufeln», warnt Musliu. Denn für die Kinder sei die Technologie völlig normal. Neben Gefahren biete KI auch Chancen. Am besten sei es, mit den Kindern zusammen in diese Welt einzutauchen, um einen Umgang damit zu finden.