Normalerweise wummern im Zürcher Hallenstadion die Bässe, wenn gerade eine angesagte Rockband auftritt. Am kommenden Dienstag wummern die Aktionäre der Credit Suisse, werden ihrem Frust freien Lauf lassen – und sie werden der CS-Chefetage garantiert nicht zujubeln.
Wegen Corona waren die Aktionäre der Grossbank während drei Jahren zum Schweigen verdammt, mussten stumm erdulden, wie die CS-Aktie immer mehr an Wert verlor. Und nun zum Schnäppchenpreis an die UBS verhökert wird. Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann (64) und CEO Ulrich Körner (60), die zum allerletzten Mal durch eine Generalversammlung der CS führen werden, ist der Zorn der Eigentümer – der grossen wie der kleinen – gewiss.
Lehman spricht von Vertrauen
Die Misswirtschaft der CS-Chefs hat die Aktienbesitzer Milliarden gekostet. Normalerweise nehmen an einer CS-Generalversammlung rund 1300 Aktionärinnen und Aktionäre teil. Dieses Mal dürfte der Aufmarsch deutlich grösser sein, über 2000 aufgebrachte Mitbesitzer werden erwartet. Körner und Lehmann dürfen sich auf ein Kreuzverhör einstellen: Warum haben sie mantraartig wiederholt, beim grossen Umbau der Schweizer Traditionsbank auf Kurs zu sein?
Viel zu sagen haben die Aktionäre trotzdem nicht mehr, die Ereignisse haben sie und die Bank überrollt. Seit dem 19. März ist klar: Die CS ist bald Geschichte. Umso mehr liest sich die Einladung vom 14. März zur GV wie ein Hohn. «Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen, sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sowie unseren Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt meinen aufrichtigen Dank für das anhaltende Vertrauen und die kontinuierliche Unterstützung auszusprechen», schreibt Lehmann darin.
Besonders der Präsident der CS dürfte ins Visier der Aktionäre geraten, hat er doch mit seiner verunglückten Kommunikation auch seinen Anteil am Untergang der Traditionsbank gehabt. Und vielleicht schafft er es an der GV, sich bei den Eigentümern zu entschuldigen.
Wiederwahl VR gefährdet
Die Traktandenliste der CS-GV wurde in den letzten Tagen immer weiter ausgedünnt. Wirklich mitbestimmen können die Aktionäre nur noch bei der verlustreichen Jahresrechnung, dem Vergütungsbericht und der Wiederwahl des Verwaltungsrates. Diese ist notwendig, da die CS bis zum Abschluss der Übernahme eine selbstständige Firma bleibt – und entsprechende Führungsorgane braucht. Allerdings regt sich hier auch bereits Widerstand.
Die GV dürfte die längste in der Geschichte der Bank werden, die Zahl der Votanten episch sein. Am Ende der Veranstaltung gibt es für die armen CS-Aktionäre noch einen Apéro riche – zum allerletzten Mal.
Ermotti übernimmt nach der GV
Mit Kaffee, Gipfeli und einem Apéro dürfte auch die UBS versuchen, am Mittwoch ihre Aktionäre versöhnlich zu stimmen. Diese können sich zwar an einem wieder steigenden Aktienkurs erfreuen, doch wird der Ärger darüber, bei der grössten Firmenübernahme in der Geschichte der Bank nicht mitbestimmen zu dürfen, bei vielen nicht verraucht sein. Die Generalversammlung der UBS findet nur einen Tag nach der CS-GV in der Basler St. Jakobshalle statt.
Neben dem Frust der Aktionäre dürfte auch der letzte Auftritt von Noch-UBS-Chef Ralph Hamers (57) von Interesse sein. Seine Amtszeit endet mit der GV. Gleich im Anschluss an die Aktionärsversammlung wird der wiedergewählte UBS-Verwaltungsrat die Wahl von Sergio Ermotti (62) zum Retter des Schweizer Finanzplatzes in seiner ersten Sitzung bestätigen.