Akris, das berühmteste Modelabel der Schweiz, wird 100
Die mächtigsten Frauen tragen seine Kleider

Von der Schürze zur Staatsrobe: Vor hundert Jahren gründete eine starke Frau das Sankt Galler Modeunternehmen Akris, das heute starke Frauen kleidet.
Publiziert: 18.01.2022 um 10:53 Uhr
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Brachte Akris auf die grosse Weltbühne: Die frühere US-First-Lady Michelle Obama.
Daniel Arnet

Karin Keller-Sutter (58) ist voll im Plan: Sie steht auf dem kürzlich veröffentlichten Bundesratsfoto 2022 oben rechts innerhalb der Schweizer Karte samt nationalem Bahnnetz – dort, wo ihr Heimatkanton St. Gallen liegt. Und sie toppt die Idee des Fotografen, indem sie ein Kleid aus der Textilmetropole mit aufgedruckter Topografie der Ostschweiz trägt.

«Wool Mousseline Vintage St. Gallen Map Print Dress» heisst das originelle Stück und ist ein Entwurf des Schweizer Modehauses Akris. Erste Kommentatoren des von Bundespräsident Ignazio Cassis (60) angeregten Regierungsfotos mit SBB-Hintergrund monieren, Keller-Sutters Kleid koste fast so viel wie ein Generalabonnement der Bundesbahnen.

Ja, Akris ist eine edle Marke, die ihren Preis hat. Akris ist aber auch die einzige Schweizer Firma, die Mitglied ist in der geschichtsträchtigen und exklusiven Fédération de la haute couture et de la mode (FHCM) in Paris. Zur FHCM gehören rund hundert Weltmarken wie Chanel und Hermès, Louis Vuitton und Saint Laurent, Stella McCartney und Vivienne Westwood.

Mit «Loch-Kleid» bei der Tunneleröffnung

Entsprechend spielt Akris auf der Weltbühne mit: Neben Hollywoodstars kleidet das St. Galler Modelabel auffallend viele Politikerinnen ein. Die schlichte und doch unverwechselbare Eleganz scheint es Entscheidungsträgerinnen jedwelcher Couleur angetan zu haben – von alt Bundesrätin Elisabeth Kopp (85) über die frühere US-First-Lady Michelle Obama (57) bis zur Europäischen-Zentralbank-Präsidentin Christine Lagarde (66).

Eine wahre Bannerträgerin für Akris ist alt Bundesrätin Doris Leuthard (58), die 2016 mit ihrem weissen «Loch-Kleid» zur Eröffnung des grössten Lochs durch die Alpen, des Gotthard-Basistunnels, für internationales Aufsehen sorgt. Und in einer Rede vor zehn Jahren in Paris bezeichnet Leuthard Akris als «Botschafter weltweit für die Schweiz», der für «Kreativität und Innovation» stehe.

Das ist vor allem das Verdienst von Designer Albert Kriemler (61), der 1980 die kreative Leitung des Familienunternehmens von seinen Eltern Max Kriemler (1922–2017) und Ute Kriemler-Winkhaus (1937–2012) übernimmt. 1987 steigt sein jüngerer Bruder Peter Kriemler (59) bei Akris ein und übernimmt als CEO die Geschäftsführung der Aktiengesellschaft mit heute 550 Mitarbeitenden, davon etwa 400 in der Schweiz.

«Sie war eine visionäre Unternehmerin»

So frisch die Firma wirkt, so altehrwürdig ist sie doch schon – dieses Jahr feiert das Haus seinen 100. Geburtstag. «Akris wurde 1922 als Nähatelier für bestickte Schürzen von meiner Grossmutter gegründet», schreibt Albert Kriemler in der Firmenchronik. «Sie war eine visionäre Unternehmerin.»

Alice Schoch (1896–1972) kommt als achtes Kind einer Bauernfamilie in Degersheim SG zur Welt. In der Flawiler Schürzen- und Blusenfabrik ihrer Tante beginnt ihr beruflicher Weg. Während eines Haushaltslehrjahres spart sie sich das Geld für eine eigene Nähmaschine zusammen, heiratet 1921 den Appenzeller Albert Kriemler (1884–1944). Nun heisst sie Alice Kriemler-Schoch, gründet ihr eigenes Nähatelier und benennt es nach den Anfangsbuchstaben ihrer Namen, A-Kri-S.

«Frauen wie meine Grossmutter zu unterstützen, ist Teil unserer Kultur», so Enkel Albert Kriemler heute. Bei Akris sei es schon immer um Frauen gegangen. «Um unabhängige Frauen mit einem Ziel, einer Bestimmung, einer Absicht, die sehr oft in einer von Männern dominierten Welt arbeiten.» Wie einst Alice Kriemler-Schoch oder Coco Chanel, wie jetzt Karin Keller-Sutter oder Michelle Obama.

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