Die Schweiz entscheidet am Sonntag über zwei nationale Vorlagen: die Ehe für alle sowie die 99-Prozent-Initiative. Die Stimmbeteiligung liegt gemäss dem Forschungsinstitut Gfs Bern tief. Will heissen: Weniger Leute als auch schon haben im Vorfeld brieflich abgestimmt. Umso mehr könnten sich am Sonntag an die Urnen begeben.
Während noch zu Höchstzeiten der Pandemie im letzten Jahr die meisten Urnenstandorte geschlossen blieben, herrscht mittlerweile wieder Normalbetrieb: In der Stadt Zürich zum Beispiel haben die Stimmberechtigten die Auswahl zwischen 15 Urnen-Standorten, vom Quartierschulhaus bis zum Stadthaus.
Niemanden vom Urnengang ausschliessen
Fragt sich nur: Kann ich meine Stimme auch abgeben, wenn ich weder geimpft noch genesen bin und auch keinen aktuellen Corona-Test vorweisen kann? Oder braucht es für den Zugang zur Urne ein Covid-Zertifikat?
Blick macht den Test aufs Exempel. Eintritt ins Zürcher Kreisbüro, wo bereits heute, zwei Tage vor dem Abstimmungssonntag, eine Urne steht. «Tragen Sie hier eine Maske. Bitte. Alle.» So steht es an der Tür. Die Sensibilisierungskampagne der Stadt Zürich. Eine Einlasskontrolle hingegen gibt es nicht, keinen QR-Scanner, keine Zertifikatspflicht.
Nachfrage bei Christina Stücheli von der Zürcher Stadtkanzlei: Sie bestätigt, dass auch am Sonntag alle an die Urne können. Egal ob geimpft, genesen, getestet – oder eben keines davon. «Mit einer Zertifikatspflicht würden wir Stimmbürger von der Urne ausschliessen», erklärt Stücheli.
Super Spreader-Gefahr an der Urne?
Zürich ist damit keine Ausnahme. Die Regel gilt überall, ist in der Covid-Verordnung vorgeschrieben, bestätigt Andreas Ledergerber von der Bundeskanzlei. «Beim Besuch eines Wahllokals handelt es sich um einen Behördengang und nicht um eine Teilnahme an einer Veranstaltung. Dies insbesondere, weil sich die Stimmberechtigten nur kurz im Wahllokal aufhalten, um ihre Stimme abzugeben.»
Will heissen: Selbst wenn eine Gemeinde wollte, dürfte sie für den Zugang zur Urne kein Zertifikat verlangen.
Drohen die Urnenstandorte damit nicht zu Super Spreader-Lokalen zu werden? Nein, beteuern die Verantwortlichen. «In den Stadtzürcher Stimmlokalen gilt wie bisher ein striktes Schutzkonzept mit Maskenpflicht und Einhaltung der Abstände», versichert Christina Stücheli. Kommt hinzu: Rund 85 Prozent der Stadtzürcher Stimmberechtigten geben ihre Stimme erfahrungsgemäss brieflich ab.