Seit Mittwoch gelten für Ladengeschäfte strengere Regeln. Auch die Anzahl gleichzeitig Einkaufender wurde mehr als halbiert. An vielen Eingängen zeigen grün oder rot leuchtende Bildschirme nun, ob man zum Weihnachtsshopping eintreten darf oder nicht.
Geht dann der Blick beim Warten nach oben, ist die Wahrscheinlichkeit gross, einen Sensor des Berner Unternehmens Xovis zu entdecken.
Die 2008 gegründete Firma stellt in Zollikofen BE unter anderem 3-D-Sensoren her, um Personenbewegungen zu erfassen. Sie hat sich vom Start-up zum internationalen Marktführer entwickelt.
Mit zwei Videokameras ausgestattet, können Xovis-Systeme ein räumliches Bild erstellen und es anhand von künstlicher Intelligenz auswerten. Bisher wurde die Technologie hauptsächlich an Flughäfen, im Einzelhandel oder Transportwesen eingesetzt, um Passantenfrequenzen oder Warteschlangen zu messen und zu optimieren.
In der Pandemie sind solche Produkte aber auch im Kampf gegen das Coronavirus von Nutzen: Xovis-Sensoren können die Anzahl der Menschen in einem Raum feststellen und kontrollieren, ob die vorgeschriebenen Abstände eingehalten werden – sie können sogar erkennen, ob Passanten eine Maske tragen.
Produktion verdreifacht
Mit jeder weiteren Massnahme des Bundesrats steigt bei Xovis die Nachfrage. Die Produktion wurde von 800 auf 2500 Stück pro Woche erhöht. «Früher mussten wir auf die Kunden zugehen, jetzt kommen die Kunden zu uns», berichtet Geschäftsführer Andreas Fähndrich (48).
2019 meldete das Unternehmen mehr als 30 Millionen Franken Umsatz. Trotz zusätzlicher Nachfrage von Läden und Geschäften rechnet Fähndrich für 2020 insgesamt aber nicht mit einer weiteren Steigerung. «Mit den Flughäfen hat die Krise einer unserer wichtigsten Kunden getroffen», sagt er. «Diese haben vermehrt auf Investitionen verzichtet.»
Der Xovis-Geschäftsführer sieht jedoch ein Potenzial, den Einsatzbereich seiner Sensoren auszuweiten. Neu kommen die Gerätesysteme unter anderem auch bei der Luftseilbahn Männlichen zum Einsatz. Für die Skigebiete sind Massnahmen zur Kapazitätsbegrenzung in den Bergbahnen und das Einhalten von Abständen in den Talstationen ein wichtiges Thema.
Auch andere Bergregionen setzten bereits auf vergleichbare Sensoren, um die Steuerung der Touristenströme zu vereinfachen, darunter die Skigebiete Andermatt und Titlis.
Schweiz ohne digitale Lösungen
Bisher wurden in der Schweiz allerdings selten digitale Lösungen eingesetzt, um das Coronavirus einzudämmen. Ihre Wirksamkeit haben sie in mehreren Nationen Ostasiens unter Beweis gestellt. Viele Länder dort verzeichnen kaum noch Ansteckungen.
Doch die systematische Überwachung der Bevölkerung ist aus Gründen des Datenschutzes problematisch und in der Schweiz – zumindest bislang – undenkbar.
Im Gegensatz zur Überwachung mit Videokameras bleiben die Bilddaten bei Xovis auf dem Sensor. Ausgewertet werden lediglich anonymisierte statistische Zahlenwerte. Menschen werden (siehe Illustration links) als farbige Punkte dargestellt. «Der Schutz von Personendaten wird stets gewährleistet», betont Andreas Fähndrich.
Der Xovis-Geschäftsführer ist sicher: Die Nachfrage nach Sensoren wird nach der Pandemie über das vorherige Niveau hinausgehen. Denn: «Die Personenzählung ist nun überall zum Thema geworden.»