Der Black Friday ist in der Schweiz zum festen Faktor geworden. Acht Jahre sind es her, seit Manor den US-amerikanischen Shoppingkult erstmals in die Schweiz brachte. Als die Schweizer Warenhausgruppe an jenem 27. November 2015 ihren Kundenkartenbesitzern und -besitzerinnen sortimentsübergreifend 30 Prozent Rabatt gewährte, war das zunächst ein Schock. Und gleichzeitig der Startschuss für eine Vielzahl anderer Händler, diesen Shopping-Event fest in die Agenda einzuplanen.
30 Prozent werden 2023 nicht mehr reichen, um Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten an der jetzt beginnenden Black Friday Week und auf dem Höhepunkt, dem Black Friday am 24. November, aus ihrer Lethargie zu locken.
Corona-Shoppingboom wirkt nach
«Schweizer Haushalte haben verstärkt ein Auge auf die Kosten; die Bereitschaft, Ausgaben zu tätigen, ist tief», sagt Nordal Cavadini, Handelsexperte bei der Unternehmensberatung Alixpartners in Zürich. Klassische Black-Friday-Sortimente wie Heimelektronik, Freizeit- und Haushaltartikel hätten sich viele Shopperinnen und Shopper bereits während der Pandemie angeschafft: «2023 wollen die Leute nicht viel Geld ausgeben – es sei denn, die Rabatte sind wirklich attraktiv.»
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Durch ihre bald zehnjährige Erfahrung mit dem Phänomen des Black Friday sind hiesige Konsumentinnen und Konsumenten zwar gewitzter geworden. Sie haben erkannt, dass nicht jeder hohe Discount automatisch bedeutet, dass man auf einem gewünschten Produkt den branchenübergreifend besten Preis erhält. Trotzdem steht am Anfang der Kundenreise meist der zweistellige Rabatt, der sie triggert, sagt Julian Zrotz, Gründer und Geschäftsführer der Preisplattform Blackfridaydeals.ch: «90 Prozent der Konsumenten und Konsumentinnen dürften von hohen Prozentwerten angezogen werden.» Bei Modesortimenten, die traditionell eine hohe Marge haben, habe früher noch ein Abschlag von 30 Prozent gereicht, doch das müsse heute höher sein: «40 Prozent ist das neue 30 Prozent. Oder sogar: 50 Prozent ist das neue 40 Prozent.»
Kein überragender Black Friday erwartet
Zrotz rechnet nicht mit einem überragenden Black-Friday-Jahrgang 2023. Als Messlatte gilt in der Regel ein Non-Food-Umsatz von 500 Millionen Franken, grob gesagt das Dreifache eines regulären Arbeitstages. Das dürfte dieses Jahr nicht erreicht werden: «Am Black Friday 2023 werden gemäss unserer Prognose rund 490 Millionen Franken in den klassischen Non-Food-Sortimenten wie Mode, Heimelektronik, Haushalt und Wohneinrichtung umgesetzt», sagt Black-Friday-Aktionsmelder Zrotz. «Der kleine Umsatzanstieg gegenüber dem Vorjahr hängt mit der Teuerung zusammen; inflationsbereinigt entspricht der Umsatz etwa demjenigen von 2022.»
In diese Richtung tendiert auch Cavadini: «Ich schätze, dass die Ausgabe 2023 weniger einbringt – wenn nicht nominell, inflationsbereinigt sowieso.»
Für Händler ist der Black Friday jedes Jahr eine Herausforderung. Nicht nur beim Einsatz von Personalkapazitäten, bei der Stabilität ihrer E-Commerce-Systeme und von der logistischen Seite her, sondern vor allem hinsichtlich ihrer Preispolitik. Denn eigentlich ist es ein betriebswirtschaftlicher Unsinn, just vor der Weihnachtszeit, die in der Regel von stabilen Margen lebt, die Preise herunterzureissen.
Markenartiklern und Händlern bietet sich der Black Friday zwar als willkommene Gelegenheit, auf sich aufmerksam zu machen. Die hohe Kunst ist es dabei, sich zwar preislich attraktiv zu zeigen, dabei aber auch hinsichtlich des Weihnachtsgeschäfts nicht zu viel Profit zu opfern. Luca Pastorino, Vertriebsleiter Schweiz beim Softwaredienstleister Salesforce, schildert das Vorgehen so: «Guten Umsatz erzielen und dabei die Margen nicht unnötig strapazieren, Lager leeren und neue Kundinnen und Kunden gewinnen.»
Konkurrenzdichte bestimmt Rabatthöhe
Zur Gemütslage der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten hat Salesforce Schweiz hierzulande im Vorfeld des Black Friday eine bevölkerungsrepräsentative Studie unter mehr als 500 Personen durchgeführt und dabei eine tendenzielle «Einkaufslust auf Sparflamme» ermittelt.
Die Rabatte dürften deswegen jedoch nicht einfach flächendeckend in die Höhe schnellen, sagt Pastorino: «Das heisst aber nicht, dass sich Händler den Erfolg durchs Band mit ungewöhnlich hohen Rabatten erkaufen werden. Immerhin stehen viele Retailer unter starkem Margendruck.»
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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Pastorino geht von einem anderen Preisbild aus: «Wir werden eher sehr gezielte Discounts sehen. Für Marken und Händler, die ihre Preispolitik übers ganze Jahr stabil halten, sind auch Rabatte von 10 bis 20 Prozent schon sehr attraktiv.»
Bei Black-Friday-Rabatten kommt es auch auf die Konkurrenzlage an. Hier zeigt sich für Julian Zrotz ein neuer Trend, den er am diesjährigen Singles Day vom 11. November, dem aus China importierten Rabatttag, gesehen hat: «Im wichtigen Bereich der Elektronik waren die Händler weniger preisaggressiv. Das kann mit dem Wegfall von Händlern wie Steg oder Microspot zu tun haben. Wenn die Zahl der Wettbewerber sinkt, müssen die verbleibenden Händler weniger tiefpreisig auftreten.»
In Feldern wie Mode, Haushaltgeräte, Telekom und Sportartikeln jedoch, wo sich eine grosse Anzahl an Konkurrenten gegenübersteht, dürfte für Black Friday, Swiss Edition 2023, gelten: Wer die Kundinnen und Kunden nicht von Beginn weg mit einem hohen Rabatt triggern kann, wird nicht zu den Gewinnern gehören.