Ex-Olympia-Athlet ist an der Halfpipe gefragt
Dieser Walliser macht die Freestyler cool

In keinem Sport der Welt ist Foto- und Videocontent so wichtig wie im Freestyle-Snowboarden und -Freeski. Doch wie kommen die actiongeladenen Fotos zustande? Blick wirft einen Blick hinter die Kamera.
Publiziert: 18.01.2024 um 21:46 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 09:53 Uhr
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Beim Sprung des Deutschen Noah Viktor kreieren Licht und Schatten ein spektakuläres Bild.
Foto: Frederik Kalbermatten
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Je spektakulärer das Bildmaterial, desto besser. In keiner anderen Sportsparte ist es für die Athleten so wichtig wie im Freestyle-Bereich, dass sie grandios inszenierte Bilder für ihre Social-Media-Accounts zur Verfügung haben. Das perfekte Bild macht die coolen Boarder und Freeskier erst so richtig cool.

Dafür heften sich Profis an ihre Fersen. Einer von ihnen ist der Walliser Frederik Kalbermatten (42). «Fredi? Eine Legende!», lautet so ziemlich jedes Mal die Antwort auf die Frage, was Kalbermatten denn für ein Typ sei. Zumindest, wenn man sich in seiner Heimat Saas-Fee VS umhört. Kalbermatten führt im Dorf ein Hotel, startete an den Olympischen Spielen 2006 in der Halfpipe und hat sich nun ein weiteres Standbein als Fotograf erarbeitet. Seine Spezialität sind die Berglandschaften vor seiner Haustür – und Freestyle-Athleten.

Auf der ganzen Welt wird der Walliser gebucht, um Snowboarder und Freeskier im besten Winkel abzulichten. Eine Kunst, die vorwiegend Insider aus der Szene praktizieren. Denn Freestylesport zu fotografieren, unterscheidet sich deutlich von der klassischen Sportfotografie. «Macht der Boarder auf dem Bild einen Tindy, ist das Foto meiner Meinung nach unbrauchbar», erzählt Kalbermatten, hoch oben auf dem Gletscher über Saas-Fee.

Insider-Wissen ist gefragt

Wer sich jetzt wundert, was denn ein Tindy ist, für den folgt hier ein kleiner Exkurs in die Welt der Snowboarder: Beim Tindy wird das Board mit der Hand hinter der Bindung an der Boardkante gegriffen. Sein Name ist eine Mischung aus Indy-Grab (Griff ans Board zwischen den Bindungen) und Tail-Grab (Griff ans Board-Ende). Und warum sind solche Fotos nun wertlos? Nun – weil dieser Grab in der Szene zuweilen als Todsünde betitelt wird. «Das kann schnell mal einer», erklärt der Fotograf. «Man muss viel weniger weit und präzise greifen.»

Auf dem Weg zum Snowpark fahren wir – Kalbermatten auf dem Board, Blick auf den Ski – an den alpinen Skirennfahrern vorbei, die oben auf dem Gletscher ebenfalls trainieren. Während ich einen Bogen um die auf der Traverse deponierten Ski mache, springt er mit seinem Board locker-leger über das Hindernis. Bei der Halfpipe angekommen, legt sich der Fotograf mit seiner Kamera im Anschlag direkt an die Kante der Pipe. Die Nähe bringt Leben in die Bilder. Kalbermatten achtet darauf, stets die Absprungkante im Frame zu haben. «Sonst sieht man ja gar nicht, wie hoch die Sportler springen. Dann segeln sie irgendwo im Himmel umher. Solche Bilder sind ein Seich.»

Nahe dran an der Action

Seelenruhig knipst Kalbermatten die Athletinnen, die sich nur wenige Zentimeter vor seiner Linse in die Luft katapultieren, während ich jedes Mal leicht zusammenzucke, wenn das Board laut über die pickelharte Kante der Halfpipe kratzt. Manchmal misslingt den Sportlern ein Sprung, und sie touchieren die obere Kante der Pipe. Ob denn noch nie ein Sportler direkt auf ihm gelandet sei, will ich wissen. Kalbermatten grinst und sagt: «Einmal wurde es ein bisschen knapp, da traf ein Boarder meine Kamera. Aber ansonsten ist das halb so wild.»

Wild – das ist auch die Arbeit der Videografen, die den Freestyle-Ridern in der Pipe oder über die grossen Kicker nachfahren und springen. Einer von ihnen ist Marinho Meyer (26). Früher fuhr er selbst im Weltcup mit, nun rückt er die grossen Stars der Szene ins beste Licht. Um dabei nicht zum Sicherheitsrisiko für die Athleten zu werden, muss er die Sprünge praktisch auswendig kennen.

Mit Highspeed und Kamera über den Kicker

«Am besten fährt man selbst erst einmal ohne Kamera ein paar Mal über den Kicker, um ein Gefühl für das Tempo und den Sprung zu bekommen», erklärt er seine Arbeit. Danach folgt die Besprechung mit dem Athleten – welchen Trick zeigt er, wie nimmt er Anlauf, wo will er landen? Videograf und Athlet dürfen sich auf keinen Fall in die Quere kommen, sonst endet es böse. «Und zuletzt muss ich mir überlegen, wie ich den Shot filmen will. Ich muss tiefer springen als der Athlet, damit sein Trick höher und eindrucksvoller wirkt.»

Während der Videograf in rasantem Tempo den Athleten nachjagt, surrt in der Pipe eine Drohne, die sich an den nächsten Rider heftet. Viele Rider filmen sich auch direkt selbst oder spielen Kamerafrau bei einem Kollegen. Hat Meyer nicht Angst, dass sein Job bald überflüssig wird? «Jein», sagt er. Denn die Drohnen würden zwar in der Tat spektakuläre Aufnahmen liefern. Aber: «Filmen ist das eine, die Nachbearbeitung ist das andere. Nur weil jemand weiss, wie eine Drohne funktioniert, heisst das nicht, dass er auch kreative Videos produzieren kann.» Solange Content für Social Media gefragt ist, werden auch die Videos und Fotografen gefragt sein.

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