Eine Frau wie Anna Schenk (29) gibts wohl nur einmal auf der Welt. Die Südtirolerin ist Hundepsychologin, wurde als Teenagerin zweimal Mutter, zieht die Kinder (jetzt 11 und 13) allein gross, ist Bob-Anschieberin – und seit dieser Woche ist sie eine von ganz wenigen Frauen, die im Männer-Weltcup gestartet sind.
«Das war tatsächlich ein besonderer Tag», sagt Schenk am Telefon zu Blick und lacht. Denn der Tag am Eiskanal von Lillehammer beginnt ganz normal. Sie fährt am Vormittag mit Ösi-Pilotin Katrin Beierl (30) im Frauenrennen auf Rang 7. Inklusive Sturz im 2. Lauf.
Das wärs dann eigentlich an einem normalen Renntag. Doch im österreichischen Männer-Team hat ein Anschieber derart heftige Rückenschmerzen, dass ein Start unmöglich ist. Einen Ersatzmann hat das Team von Pilot Markus Treichl (28) nicht dabei – was nun? «Da haben sie mich gefragt», sagt Schenk, «ich sagte: Na klar, da bin ich dabei! Meine einzige Bedingung war, dass ich links anschieben darf, weil ich Linkshänderin bin.»
«Die Jungs waren ganz lieb zu mir»
Reglementarisch ist eine Frau im Vierer erlaubt. Und Schenk bringt immerhin Mini-Erfahrung mit. Vor ihrem Nationenwechsel zu Österreich hatte sie einst im italienischen Vierer bei den Männern einen Europacup-Lauf bestritten.
Das hilft ihr an diesem Tag in Lillehammer nicht viel. Ohne jegliches Vierer-Training – das Einsteigen in den grossen Schlitten in vollem Tempo braucht eigentlich viel Übung – startet das Ösi-Team mit drei Männern und einer hochmotivierten Frau, die einen Kopf kleiner ist als die restliche Crew. «Die Jungs waren ganz lieb zu mir, doch vor dem 1. Lauf waren wir alle schon sehr nervös», schildert sie. Die Abmachung: Die drei Männer gehen nicht voll ans Limit, um sicher einzusteigen und runterzukommen. «Ich bin dann wie beim Sprintstart aus den Blöcken mit hoher Schrittfrequenz losgerannt.» Die Startzeit: 5,17 Sekunden.
Im Wissen, dass es mit Schenk klappt, gibt das Quartett beim 2. Lauf mehr Gas. 5,10 Sekunden! Das ist mehr als respektabel, es ist die 15. Startzeit von 19 Teams – auch die Schweizer Teams von Michael Vogt (5,04) und Cédric Follador (5,05) starten mit geballter Manneskraft nicht bedeutend schneller. Schenk schildert, dass sie sehr wohl ihren Teil zum Startschub beigetragen hat. «Ich habe jedenfalls Druck auf dem Bügel gespürt.»
Am Ende landet die Treichl-Crew auf Rang 14, es gibt dank Schenks Spontaneinsatz einige Weltcuppunkte statt einen Nuller. Ihr Fazit: «Es war ein Mordsspass!»