Letzten Sommer entschied sich Joanne Reid (31) dazu, ihr Biathlon-Gewehr für immer in die Ecke zu stellen. Ausschlaggebend dazu war ihre Degradierung innerhalb des US-Teams, sie wurde aus dem Nationalkader gestrichen. Doch auch andere, nicht mit dem Sport verbundene Gründe könnten dazu geführt haben.
Denn wie der Nachrichtenagentur «AP» unter Berufung auf eine von SafeSport durchgeführte Untersuchung berichtet, habe die dreifache US-Meisterin jahrelang sexuelle Belästigung erfahren müssen. So habe ihr früherer Trainer Petr Garabik (54) sie während sechs Jahren immer wieder begrapscht, ungewollt umarmt und unangemessene sexuelle Kommentare gemacht.
Die Übergriffe gipfelten in einem Vorfall im März 2017, als der Tscheche betrunken vor ihrem Hotelzimmer aufgetaucht sei. Er habe sich Zutritt zum Zimmer verschafft, sie heruntergedrückt und zu küssen versucht. Team- und Zimmerkollegin Deedra Irwin (31) ging dazwischen. Wie sie sagt, sei es nicht das einzige Mal gewesen, dass sie einschreiten musste.
Teamchef ignorierte Hilferuf
2020 habe sich Reid, die im Weltcup 144 Rennen absolvierte, an den Teamchef Lowell Bailey gewandt, um die Vorfälle zu melden. Dessen Antwort sei lediglich gewesen, dass man Europäern Regeln über sexuelle Belästigung nicht beibringen könne. Nun lässt er gegenüber «AP» verlauten: «Das ist nicht wahr. Das haben sie vermutlich missinterpretiert.»
Der US-Verband hat Garabik im November 2021 dann seiner Tätigkeiten enthoben und ihn für ein Jahr gesperrt. Bis Ende 2024 ist der 54-Jährige auf Bewährung.
Schon im letzten November hat Reid auf Instagram angedeutet, dass hinter den Kulissen wohl mehr vorgefallen sein muss als die Zurückstufung im Kader. Unter anderem schrieb sie: «Missbrauch und Belästigung sind im Kern Manipulationen von Machtungleichgewichten, sei es physisch, emotional, organisatorisch, kulturell oder anderweitig bedingt.» (che)