Auf einen Blick
- Tabea Alt erhebt schwere Vorwürfe gegen deutsche Turnverbände
- Die Turnerin wurde trotz Verletzungen zu Wettkämpfen geschickt
- Sie hat sich schon vor drei Jahren erfolglos mit einem Brief an die Verbände gewandt
Die Vorwürfe sind happig, die Tabea Alt (24) auf Instagram postet. Die deutsche Ex-Kunstturnerin spricht von seelischem und körperlichem Missbrauch im deutschen Turnsport, den sie über Jahre erfahren hat.
Alt hat lange gezögert, ob sie die Zeilen veröffentlichen soll. Letztlich hat sie sich dazu entschieden. Auch, weil sie bereits vor drei Jahren intern mit einem Brief die Zustände angeprangert hat – erfolglos. Und das, obwohl Alt «explizite Lösungsvorschläge unterbreitet» hat.
Nun macht sie die erschreckenden Details ihrer Karriere öffentlich. «In all diesen Jahren hat man meine Gesundheit ganz gezielt aufs Spiel gesetzt, in dem man ärztliche Vorgaben missachtete und mich selbst mit mehreren Frakturen (Knochenbrüchen) turnen liess und in den Wettkampf schickte», schreibt sie. Sie sei längst über ihren Grenzen gewesen und wurde nicht gehört, «selbst die Hilferufe und Ängste meiner Eltern wurden ignoriert und missachtet.»
Forderung nach radikaler Veränderung des Systems
Die Vorwürfe sind alarmierend. Alt betont, sie sei kein Einzelfall. Im Gegenteil. Essstörungen, Straftraining, Schmerzmittel, Drohungen und Demütigungen würden zur Tagesordnung gehören. «Wir wurden von klein auf manipuliert, um kontrollierbar zu sein», fasst Alt zusammen.
Die Turnerin fordert nun eine radikale Veränderung des Systems. Es gehe um «das Wertvollste, was wir haben: Die mentale und körperliche Gesundheit junger Menschen – sie darf niemals der Preis für sportlichen Erfolg sein». Sie selber habe «meine grösste Leidenschaft, das Turnern, aufgeben müssen, um sich selbst zu schützen, weil ich körperlich und seelisch ausgebrannt war». Alt holte 2016 mit dem Team ein Olympia-Diplom und gewann 2017 WM-Bronze am Schwebebalken. 2021 beendete sie ihre Karriere.
Verbände kündigen Untersuchungen an
Gegenüber «Bild» reagieren der Deutsche Turner-Bund (DTB) und der Schwäbische Turnerbund (STB) in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Vorwürfe. Man werde gemeinsam «eine Untersuchung initiieren, in der das Geschehen aufgearbeitet wird».
Dabei gehe es um mögliches Fehlverhalten von Trainern, Fehler im Leistungssportsystem sowie den Umgang mit möglichen Hinweisen innerhalb der Verbandsstrukturen.