Wenn ein König in seinem Reich zur Audienz bittet, lässt sich ein anderer König nicht zweimal bitten. Tennis-King Roger Federer (38) empfängt Schwingerkönig Christian Stucki (34) in seinem Heiligtum. Zwei Schwergewichte ihres Sports begegnen sich. Kaum hat Federer nach seinem Achtelfinal-Sieg gegen Radu Albot (6:0, 6:3) den Court verlassen, steht Stucki vor ihm. Noch ganz verschwitzt kommts zum Händedruck. Neben dem 198-cm-Hünen aus dem Sägemehl sieht selbst Modell-Athlet Federer (185 cm) wie ein Normalsterblicher aus.
Der Maestro freut sich über das von BLICK organisierte Treffen. Auch bei König Stucki keine Spur von Scheu. Am Mittwochvormittag sitzt Stucki, der für einen Grossmetzger arbeitet, noch am Steuer seines Lastwagens im Berner Seeland. «Ich habe extra mit einem Kollegen meine Tour abgetauscht», verrät er. So reicht es dem König rechtzeitig nach Basel.
Federer und Stucki tauschen sich aus
Stucki und Roger lachen zusammen, die Stimmung ist entspannt. Der Berner erzählt vom Schwingen: «Das Eidgenössische ist der Hauptanlass.» Anders bei Federer: «Bei uns gibt es drei, vier Höhepunkte im Jahr. Indoor und Outdoor, was noch gut ist.» Stucki schmunzelt: «Draussen ist bei uns im Winter halt schwierig».
Federer erkundigt sich, in welcher Trainingsphase Stucki momentan steckt. Seit seinem Königstitel in Zug sind zwei Monate verstrichen. «Bis jetzt habe ich Pause gemacht. In dieser Woche habe ich nun wieder zu trainieren begonnen.» «Hast du schon Muskelkater?» witzelt Federer. «Nein, nein. Es geht noch», beruhigt der Schwinger-Koloss.
Natürlich hat Stucki auch ein Paar Zwilchhosen zur Hand. Federer zögert nicht, zieht sie gleich an. «Das habe ich noch nie gemacht. Vorne sind sie recht weit offen», schmunzelt er. Zum Hosenlupf kommts aber nicht. «Du darfst mich ja nicht anfassen, sonst geht bestimmt was kaputt», sagt Federer, der Stucki verspricht, nach den Swiss Indoors ein Racket zu schenken. «Jetzt kann ich dir keines geben. Zuerst muss ich hier noch gewinnen.»
«Mit Roger kann man ganz normales Gespräch führen»
Zweimal hat Stucki Federer schon live spielen sehen. 2010 beim «Match for Africa» gegen Nadal in Zürich und 2013 an den Swiss Indoors im Final gegen Del Potro. Rogers bisher letzte Niederlage in Basel.
Stucki: «Jetzt konnten wir ein paar Sätze wechseln. Er ist so, wie er immer ist. Mit ihm kann man ein ganz normales Gespräch führen. Ich habe ihn schon vor zwanzig Jahren verfolgt. Das ist natürlich toll, wenn man so eine Begegnung mit Roger Federer hat.» Dass das Match nur knapp eine Stunde dauert, stört Stucki nicht. «Mir ist auch wohler, wenn ich nicht lange schwingen muss. Rogers Auftritt war heute eine glatte Zehn.» Wie hats Federer gefallen? «Schwinger sind Topleute. Ich habe grosse Hochachtung vor ihnen.»
Gegen sieben Uhr wird am Donnerstag Stuckis Wecker wieder läuten. Tagwache! Ganz so früh wird King Federer wohl nicht aus den Federn steigen. Es gibt halt doch Könige und Könige. Seinen nächsten Gegner im Viertelfinal kennt Federer auch noch nicht. Er kann sich am Donnerstag den Match zwischen Stan Wawrinka und Frances Tiafoe in Ruhe ansehen.