Dreimal musste Emma Raducanu (20) zuletzt unters Messer. Eingriffe an beiden Händen sowie am rechten Knöchel waren nötig. Es ist der jüngste von vielen Rückschlägen in den letzten zwei Jahren im Leben der Britin. Nach dem absoluten Hoch im September 2021 – als sie die US Open gewann – konnte Raducanu nicht an ihre Leistungen anknüpfen und quälte sich von Rückschlag zu Rückschlag. «Es war hart, ich bin zwar geduldig und hartnäckig, aber das war echt zu viel», sagt die Weltnummer 68. «Es gab Tage, an denen ich mir gewünscht habe, nie das Turnier gewonnen zu haben.»
Auf der anderen Seite nehme sie «dieses unglaubliche Hochgefühl beim Sieg als Motivation». Nach dem Titel vor knapp zwei Jahren ging alles sehr schnell, sie unterzeichnete Werbeverträge mit zahlreichen Top-Sponsoren, wurde das jüngste weibliche Mitglied des britischen Ritterordens («Member of the Order of the British Empire»/MBE) und musste an allerlei Grossveranstaltungen dabei sein. «Ich musste so schnell reifen, das war sehr stressig», sagt Raducanu über die Zeit. «Ich merkte, dass mich viele in der Zeit als zu melkendes Sparschwein sahen.»
Die Schmerzen wurden zu gross
Mit dem US-Open-Triumph – sie war die erste Qualifikantin, die ohne Satzverlust in den Final kam – wurde sie auf einen Schlag zur Millionärin. Laut Schätzungen hat sie im letzten Jahr mehr als 22 Millionen Pfund (etwa 25 Mio. Schweizer Franken) verdient, nur Serena Williams und Naomi Osaka verdienten mehr.
Mit dem Erfolg kamen bei Raducanu aber auch der Druck und die Verletzungen. Weil sie mit einer von ihrer chinesisch-stämmigen Mutter geprägten Leistungskultur aufwuchs, pushte sie sich selbst dann, wenn die Schmerzen in den Handgelenken unerträglich wurden. «Neben den physischen kamen dann auch noch psychische Probleme dazu. Weil ich nicht schwach wirken wollte, redete ich mit niemandem», sagt die Britin. «Und weil ich mein Selbstwertgefühl an meinen Erfolg knüpfe, machte mir das immer mehr zu schaffen. Und die Tour ist einfach brutal mit dir, wenn du keinen Erfolg hast oder Schwächen zeigst.»
Mit den drei Operationen hat sie nun diese vermeintlichen Schwächen ausmerzen können. Auf mentaler Ebene arbeite sie noch: «Mein Ziel ist dieses Gleichgewicht zwischen guten und schlechten Zeiten, bisher hatte ich ja fast nur die Extreme», meint Raducanu. «Da muss ich dran arbeiten.» (nsa)