Nach einem flauen Start mit dem Fokus auf der unrühmlichen Causa Novak Djokovic finden die Australian Open ein sportlich würdiges Ende, das noch lange in Erinnerung bleiben wird. Der 35-jährige Rafael Nadal – nach Fuss-OP und monatelanger Pause ohne grosse Erwartungen auf die Tour zurückgekehrt – schreibt Tennis-Geschichte.
Woran erinnert uns das? Richtig, an Roger Federers Fabelstart ins Jahr 2017, als dieser wegen Knie-OP und Rückenproblemen nach langer Pause als 35-jährige Weltnummer 17 in Melbourne antrat. Und dann in fünf Sätzen Langzeitrivale Nadal im Final bodigte – nachdem er bei 1:3 im Fünften schon mit dem Rücken zur Wand gestanden hatte.
Wer ist der Grösste?
Es ist wie ein Zeichen der Gerechtigkeit, dass dem Spanier nun Ähnliches widerfährt. In einem Match, das mit knapp 5:24 Stunden noch knapp zwei Stunden länger dauert als der damalige Final gegen den Schweizer, kämpft Nadal (ATP 5) die bärenstarke Weltnummer 2 Daniil Medwedew nieder.
Nadal feiert sein emotionalstes Comeback überhaupt. Federer machte es damals zum alleinigen Rekordhalter von 18 Grand-Slam-Titeln. Nadal hält heute den 21. alleine. Abgerechnet, wer letztlich der «GOAT» (Grösster aller Zeiten) ist, wird erst am Ende der drei gloriosen Karrieren von Nadal, Federer und Djokovic. Die Chancen, dass Roger in diesem historischen Rennen mithält, sind am geringsten. Noch erholt sich der 40-Jährige von seiner dritten Knie-OP. Es ist offen, ob er überhaupt auf die Grand-Slam-Tour zurückkehren wird.
Federer dürfte sich mit dem Davonziehen der Konkurrenz abgefunden haben. Denkbar sogar, dass er Nadal gestern beide Daumen gedrückt hat, gehört er doch zu den ersten Gratulanten. «An meinen Freund und grossen Rivalen Rafael Nadal. Herzlichen Glückwunsch, dass du der erste Mann mit 21 Grand-Slam-Titeln im Einzel bist», schreibt er im Netz. «Unterschätzt nie einen grossen Champion. Deine unglaubliche Arbeitsmoral, Hingabe und Kampfgeist sind Inspiration für mich und unzählige andere auf dieser Welt.»
Djokovic zahlt teuer
Einer aber wird sich am Sonntag die Fingernägel der Daumen abgekaut haben: Wie wichtig Djokovic Rekorde und Einträge in die Geschichtsbücher sind, hat er schon oft betont. Seine Impfverweigerung, die in Down Under letztlich zur Ausweisung geführt hat, kommt den gestürzten Titelverteidiger von Melbourne (der noch nicht weiss, ob er nach dem Visum-Entzug in den nächsten Jahren hier antreten darf) teuer zu stehen: Statt die Bestmarke zum Greifen nah vor Augen zu haben, hinkt der 34-jährige Serbe nun hinterher.
Im Wissen, dass es bald noch dicker kommen kann. Bleibt er gesund, wird Nadal den Aufwind nutzen, um bei den French Open als 14-facher Sandkönig von Roland Garros mit 22 Titeln davonzufliegen. Während auch hier noch unklar ist, ob Djokovics Genesenen-Status für den Pariser Antritt im Mai gültig ist.